Psychotherapie – Resilienztraining: Kraftquelle Schlaf

In ihrem Buch zum Resilienztraining*, das ich hier schon vorgestellt habe, schreibt Claudia Croos-Müller u.a. auch ein sehr wichtiges Kapitel zur Kraftquelle Schlaf.

 

Dein Gehirn schläft nie

Das Gehirn zeigt im Schlaf eine völlig andere Tätigkeit als im Wachzustand, nämlich einen langsamen bis sehr langsamen Rhythmus. Daher ist es im Grunde falsch, von einem schlafenden Gehirn zu sprechen. Denn das Gehirn ist ein aktives Organ, lebenslang. Das Gehirn arbeitet weiter, während der Körper schlaft. Dies geschieht aber in einem anderen Rhythmus und mit anderen Schwerpunkten. Die Schlafaktivität wird im Hirnstamm und Zwischenhirn ausgelöst. Andere Hirnbereiche, vor allem das Großhirn, werden in dieser Zeit abgekoppelt und ruhen sich intensiv aus. Während dessen finden Regenerationsvorgänge statt – „es wird geputzt und ausgemistet. Vor allem aber werden Lernvorgänge durchgeführt. Tagesgeschehnisse, die wichtig sind, werden gespeichert, unwichtige Erlebnisse werden hinausgeworfen. Mittels EEG kann man dem Gehirn beim Schlafen zuschauen, beim leichten Schlaf, beim Tiefschlaf, beim Träumen.“

 

Schlaf ist die beste Medizin

Tatsächlich produzierst du im Schlaf lebenswichtige Stoffe, Hormone und Enzyme. „Guter und ausreichender Schlaf schützt vor Herzinfarkt, aber auch vor Übergewicht. Krankheiten heilen schneller, wenn gut und ausreichend geschlafen wird und Impfungen wirken besser, länger und zeigen weniger Nebenwirkungen“, wenn du dich unmittelbar nach der Impfung einige Stunden hinlegst und wenn schon nicht schläfst, dann wenigstens ruhst oder ein bisschen schlummerst. Wissenschaftliche Untersuchungen sollen das eindeutig belegt haben.

Du kennst das sicher von dir selbst: Wenn du ausgeschlafen bist, bist du wesentlich aufnahmefähiger, kannst klarer denken, bist auch ausgeglichener und wahrscheinlich geduldiger. Wenn du tagelang zu wenig geschlafen hast, bist du fahrig, nervös, reizbar, unkonzentriert und die Fehler häufen sich. Tagesärger und Stress verschlechtern den Schlaf. Schlechter Schlaf wiederum macht empfindlicher gegenüber Stress. Schlafentzug wird sogar gezielt als Foltermethode angewandt und nach einigen Tagen bekommen die Gefangenen deliriumsähnliche Zustände und Selbstmordgedanken. Schlaf ist wirklich lebensnotwendig.

 

Gesunde Schlafdauer und Schlafmangel

Neugeborene schlafen 18 Stunden. In den ersten drei Lebensjahren sind es dann immer noch 12 bis 15 Stunden täglich. Vorschulkinder holen sich, wenn noch alles im Gleichgewicht ist, 11 bis 13 Stunden Schlaf. Jugendliche brauchen 9 bis 10 Stunden. Und Erwachsene benötigen immer noch etwa 6 bis 8 Stunden Schlaf. Zum Vergleich: Eine Katze schläft 13 Stunden am Tag, ein Hund 10 Stunden und ein Pferd braucht nur knappe 3 Stunden Schlaf.

Zunehmend ist es aber so, dass Menschen unter Schlafstörungen leiden. Einerseits hängt das mit falschem Verhalten und einer ungünstigen Schlafhygiene zusammen, andererseits mit zunehmendem Stress. Sorgen, Ärger und auch äußere Störfaktoren wie Helligkeit und Verkehrslärm beeinträchtigen den Schlaf, was weit reichende Folgen hat.

Ein Viertel der Deutschen leidet unter mehr oder weniger ausgeprägten Schlafstörungen, wobei es sich meistens um Einschlaf- oder Durchschlafstörungen handelt, aber auch Zähneknirschen, Schnarchen, Schlafapnoe (kurzer Atemstillstand während des Schlafes) gehören dazu beziehungsweise verursachen selbst Schlafstörungen und qualitativ schlechten Schlaf. Guter Schlaf, Resilienz und Lebenskraft gehören zusammen. Sie hängen unmittelbar voneinander ab. Jede Schlafstörung bedeutet einen nicht erholsamen Schlaf und das wiederum bedeutet Anfälligkeit für Stress und zahlreiche Erkrankungen. Schlafstörungen sind manchmal Vorboten einer Depression, sie können auch Begleiter einer körperlichen Erkrankung sein, beispielsweise einer Schilddrüsenüberfunktion. In jedem Fall sollte eine Schlafstörung erst einmal abgeklärt werden. Was sie nicht braucht, sind Schlafmittel, die zu einer Abhängigkeit führen, oder Alkohol, der eine Schlafstörung verstärkt, da die Leber nachts wieder aufgeweckt wird, um den Alkohol abzubauen und den Körper zu entgiften.“

 

Du kannst viel für guten Schlaf tun

Viele Untersuchungen zeigen, dass das Praktizieren bestimmter Tugenden schlaf verbessernd ist. So weiß man beispielsweise, dass dankbare Menschen besser schlafen. Dies ist der Grund, warum es zu einem Einschlafritual gehören sollte, den Tag zu rekapitulieren und schriftlich festzuhalten, wofür man dankbar ist (…).“

Über die Beschäftigung mit guten Gedanken kommt es zur Produktion von unterstützenden Neurotransmittern, die das Einschlafen verbessern. Sie sorgen dafür, dass das Großhirn, speziell das Stirnhirn, nicht grübelt und es in den emotionalen Zentren nicht zu Ärger, sondern zu einem Wohlgefühl kommt. Gute Gedanken, gute Erinnerungen und gutes Handeln führen über gute Emotionen zur Produktion von Serotonin. Dieses wird übrigens auch als Antidepressivum und speziell bei Schlafstörungen verabreicht. Es ist also umso besser, wenn du dafür sorgen kannst, es im körpereigenen Labor herzustellen.

 

Was hilft

Wunderbare Dunkelheit, wodurch die körpereigene Melatoninproduktion überhaupt erst in Schwung kommen kann. Melatonin ist das Schlafhormon schlechthin.

Ruhe oder Stille, denn aus zahlreichen Untersuchungen ist Verkehrslärm als schlaf störend bestens bekannt. Gegen die Störenfriede Helligkeit oder Lichtverschmutzung und Umweltlärm hilft eine wunderbare Schlafmütze“. Diese kannst du dir – wie in den guten alten Zeiten – auf den Kopf setzen und sie dabei weit in den Nacken ziehen. Dadurch bekommen deine Hirnnerven – der Sehnerv, der Hörnerv und auch der Nervus vagus – die Wärme, die sie brauchen, um sich zu entspannen.

Düfte atmen: Auch „dies hilft den Hirnnerven, in diesem Fall dem Riechnerv. Nachgewiesenermaßen wirken Lavendel oder Rosenduft, am besten ist jedoch der Duft von Zirbenholz. Ein Naturgeschenk und ein Wunder: Zirbenholz kann tatsächlich den Schlaf fördern, den Blutdruck senken und den Herzschlag rhythmisieren.

Meditation und Yoga ebenso wie Autogenes Training“ können deinen Schlaf verbessern und deine Kraft und Resilienz stärken.

 

Mittagsschläfchen für mehr Kraft im Leben

Als die Autorin während einer Vietnamreise in der Mittagspause eine Seidenspinnerei besichtigte, fand sie alle Arbeiterinnen und Arbeiter schlafend an den verschiedensten kleinen Schlafplätzchen vor und schreibt: „Dieses Genussbild sehe ich noch heute vor mir und es ist meine Vision für alle Menschen in anstrengenden Arbeitssituationen.

Was in Deutschland leider immer noch fehlt, ist die Anerkennung eines Mittagsschlafes am Arbeitsplatz. In anderen Kulturen und Nationen, die hochproduktiv sind, wird dies gepflegt, in Asien und in zahlreichen amerikanischen Unternehmen. Auch bei der Lufthansa und anderen Fluggesellschaften müssen sich die Piloten zu einem Powernapping verpflichten, einem Kurzschlaf nach mehreren Stunden konzentrierter Arbeit. Einige wenige deutsche Stadtverwaltungen hatten den Mut, einen Ruheraum mit dem Angebot eines Mittagsschlafes für ihre Mitarbeiter einzurichten – mit dem Ergebnis, dass Krankheitstage und Fehltage reduziert werden konnten.“

 

Tugenden als Schlafmittel?

Die Tugenden Dankbarkeit, Großzügigkeit, Vergeben sind wunderbare nebenwirkungsfreie Schlafmittel, die zu guten Gefühlen und damit zu einer erhöhten Serotoninproduktion führen. Es lohnt sich also auch von dieser Seite her, solche Qualitäten in sich zu entwickeln.“

Raube dir also nicht den Schlaf und lasse ihn dir auch nicht rauben! Streit, negative Gefühle wie Hass und Wut, ebenso Rachegedanken erzeugen so viele Stresshormone, dass du stundenlang wach liegst. Auch Angst kann ein Schlafverhinderer sein. Setze also etwas Positives dagegen.

Schlafforscher stehen noch immer am Anfang ihrer Erkenntnisse. Eines steht aber fest: Du hast dein Leben mit gutem Schlaf begonnen. Er ist etwas ganz Natürliches. Sollte er dir in einer guten Qualität verloren gegangen sein, kannst du ihn mit etwas Geduld und Disziplin wieder zu deiner Kraftquelle machen.

 

Entspannungsübung

Die folgende kleine Entspannungsübung des langsamen Kopfnickens aus dem Body2Brain-Programm von Claudia Croos-Müller wirkt auch gut als Schlafvorbereitung:

 

Setze dich entspannt und bequem hin.

Schließe deine Augen.

Atme ruhig ein und aus.

Hebe den Kopf beim Einarmen leicht an.

Senke den Kopf beim Ausatmen leicht nach unten.

Übe dies mindestens drei Mal.

Lasse dabei deinen Mund, deine Zunge und deinen Kiefer ganz locker.

 

Die Autorin schreibt zur Wirkung: „Durch das bewusste ruhige Ein- und Ausatmen und das Schließen der Augen entsteht ein körperlicher Ruherhythmus, der von allen Gehirnbereichen registriert wird. Durch das langsame Kopfnicken und die gelockerte Mund-, Zungen- und Kiefermuskulatur wird das Gehirn an Schläfrigkeit und Schlaf erinnert, denn die Haltefunktion der Muskeln lässt im Schlaf nach – sie werden schlaff.“ Damit kann die Übung deine Schlafbereitschaft fördern!

_________________________________________________________________________________________

Dr. med. Claudia Croos-Müller: Kraft. Der neue Weg zu innerer Stärke. Ein Resilienztraining. München 2015

Foto: Pixabay

Schreibe einen Kommentar

*

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen