Vor vielen Jahren, als die weltweit ersten Lügendetektoren erfunden wurden, erregten sie vor allem unter Juristen und Verhaltensforschern großes Aufsehen.
Der Apparat bestand aus verschiedenen Sensoren, die die physiologische Veränderung des Schweißes, Muskelkontraktionen, Pulsveränderungen, Zittern oder Augenbewegungen registrierten, die bei einem Individuum auftreten, wenn es lügt.
Damals fanden die Erfahrungen mit der „Wahrheitsmaschine“, wie man sie nannte, rasch überall Verbreitung.
Eines Tages lag bei einem Rechtsanwalt ein sehr merkwürdiger Fall auf dem Tisch. Er brachte die Maschine in die psychiatrische Klinik der Stadt und setzte einen Patienten hinein: J. C. Jones. Herr Jones war ein Psychotiker und behauptete in seinen Delirium, Napoleon Bonaparte zu sein. Vielleicht hatte er Geschichte studiert, jedenfalls kannte er das Leben Napoleons in- und auswendig und verkündete präzise und in der ersten Person singular kleine Details aus dem Leben des großen Korsen in logischer und zusammenhängender Folge.
Die Ärzte setzten Herrn J. C. vor den Lügendetektor, und nachdem sie routinemäßig die Einstellungen vorgenommen hatten, fragten sie ihn: „Sind Sie Napoleon Bonaparte?“
Der Patient dachte kurz nach und sagte: „Nein! Wie kommen Sie darauf? Ich bin J. C. Jones.“
Alle lächelten, außer dem Mann, der den Lügendetektor bediente, denn der gab die Information, dass Herr Jones gelogen hatte!
Die Maschine bewies, dass der Patient, als er die Wahrheit sagte, gelogen hatte … denn er glaubte, Napoleon Bonaparte zu sein.
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aus Jorge Bucay: Komm, ich erzähl dir eine Geschichte. Frankfurt a. M. 17. Auflage 2016
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