Gefühle. Klar! Wirklich?

Was sind Gefühle?

Wenn du an Gefühle denkst, welche fallen dir dann spontan ein?

Liebe, Einsamkeit, Unsicherheit, Müdigkeit?

Nur eines davon wird in der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) als Gefühl bezeichnet. Welches das ist und welche anderen Gefühle es noch gibt, erkläre ich in diesem Artikel. Du wirst auch erkennen, warum dieses Wissen dir das Leben erleichtern kann. Und du wirst erfahren, was all das andere Gedöns ist, das du bislang für „Gefühle“ gehalten hast. 

Was sind eigentlich Gefühle?

Der Duden definiert Gefühl u.a. so:
„(…) psychische Regung, Empfindung des Menschen, die seine Einstellung und sein Verhältnis zur Umwelt mitbestimmt“ und verweist auf den fachsprachlichen Begriff „Emotion“.

Die KVT beleuchtet Gedanken, Gefühle und Verhaltensmuster, die Ihnen unnötig das Leben schwer machen. Auf dieser Basis zeigt sie konkrete Möglichkeiten zur Veränderung auf. Die grundlegenden Fragen sind dabei:

Was sind eigentlich Gefühle? Und was sind Gefühle nach dem Verständnis der KVT? Wie kannst du sie beeinflussen? Und wie kannst du leichter und freier durchs Leben gehen?

Welche Gefühle kennt die KVT?

In meiner Therapieausbildung haben 20 Auszubildende mindestens 20 z.T. sehr unterschiedliche Definitionen von Gefühlen mit entsprechenden Beispielen diskutiert. Daraufhin verwirrte uns unser Lehrtherapeut Harlich H. Stavemann* komplett. Er konfrontierte uns nämlich mit dem Verständnis von Gefühlen in der Kognitiven Verhaltenstherapie. Sie beschreibt lediglich neun (ja, 9!) verschiedene Emotionen. Sie werden grafisch in Form eines „Gefühlssterns“ mit unterschiedlichen Erregungs-Stufen dargestellt.

Die Grunderregungs-Ebene bildet das als neutral empfundene Gefühl der Gleichgültigkeit. Davon gehen die zwei als angenehm empfundenen Gefühle Freude und Zuneigung aus. Ebenso gehen von dort die sechs als unangenehm empfundenen Gefühle Abneigung, Angst, Ärger, Niedergeschlagenheit, Scham und Trauer aus.
Die Niedergeschlagenheit zeichnet sich durch eine niedrigere Erregungs-Stufe aus. Die sieben übrigen Gefühle Abneigung, Angst, Ärger, Freude, Scham, Trauer und Zuneigung bedeuten i.d.R. erhöhte Erregung und stärkerer Stress.

Die Stärke der Gefühle kann durch unterschiedliche Begriffe näher bestimmt werden:

Abneigung

Gleichgültigkeit, Abneigung, Antipathie, Hass

Angst

Gleichgültigkeit, Besorgnis, Bammel, Schiss, Angst, Panik

Ärger

Gleichgültigkeit, Unzufriedenheit, Genervtheit, Ärger , Wut

Freude

Gleichgültigkeit, Zufriedenheit, Freude, Glück

Niedergeschlagenheit

Gleichgültigkeit, Bedrücktheit, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung

Scham

Gleichgültigkeit, Geniertheit, Scham

Trauer

Gleichgültigkeit, Bedauern, Enttäuschung, Mitleid, Kummer

Zuneigung

Gleichgültigkeit, Sympathie, Zuneigung, Liebe

Erfahrungsgemäß ist es einfacher, zu unterschiedlichem Gefühlen auf gleicher Erregungs-Ebene zu gelangen (z.B. von großer Liebe zu großem Hass), als die Erregung und den damit verbundenen Stress zu verringern.

Sehr aufschlussreich sind auch die den Gefühlen zugehörigen Bewertungen:

Abneigung/Ablehnung

Der/Die/Das finde ich ätzend.

Angst

Das wäre furchtbar/peinlich.

Ärger

Sauerei, unverschämt!

Freude

toll/schön

Gleichgültigkeit

egal

Niedergeschlagenheit

hoffnungslos und furchtbar

Scham

peinlich

Trauer

schade, schlimm

Zuneigung/Sympathie

Den/Die finde ich toll!

Von Interesse sind zudem die den Gefühlen zugeordneten Zeit-Zusammenhänge:

Angst:

immer zukunftsbezogen

Abneigung, Ärger, Freude, Gleichgültigkeit, Scham, Trauer und Zuneigung:

immer gegenwarts- und/oder vergangenheitsbezogen

Niedergeschlagenheit:

gegenwarts-, vergangenheits- und zukunftsbezogen

Abzugrenzen von den Gefühlen sind andere Kategorien:

Körperliche Begleitsymptome

z.B. Atembeschwerden, Erröten, Herzrasen, Schwindel, Schwitzen, Zittern, Übelkeit

Gedanken/Einstellungen

z.B. Unsicherheit bzw. Sicherheit, Misstrauen bzw. Vertrauen, Einsamkeit bzw. Verbundenheit

Körpergefühle

Hunger, Durst, Kälte, Wärme, Druck, Körperschmerz, Müdigkei

Diese Kategorien haben andere Ursachen als Gefühle. Auch kannst du sie unterschiedlich von diesen steuern, z.B. über Sport, Entspannung, Körper- oder Atem-Übungen. Die KVT geht davon aus, dass die sprachliche Präzision auch die gedankliche Genauigkeit fördert. Somit unterstützt eine sorgfältige Unterscheidung der Bereiche klares Denken und zielgerichtetes Handeln.

Kurz zusammengefasst hast du nun einen Überblick darüber, was Gefühle nach dem Verständnis der KVT sind:

Die KVT beschreibt neun verschiedene Gefühle mit unterschiedlichen Stärken der Ausprägung und Erregung. Davon unterscheidet sie die drei Bereiche körperliche Begleitsymptome, Gedanken/Einstellungen und Körpergefühle.

In einem folgenden Blog werde ich dir das ebenso hilfreiche wie alltagstaugliche Modell der KVT zur Entstehung von Gefühlen vorstellen. Darin geht es konkret um Fragen wie:

Wie entstehen deine Gefühle?

Wodurch steuerst du sie?

Wie kannst du unangemessene oder unangemessen starke Gefühle verändern?

 

* Hrsg. von „KVT-Praxis – Strategien und Leitfäden für die Kognitive Verhaltenstherapie“, Weinheim 2005 – auf das ich mich hier beziehe
Bild-Quelle: Pixabay/Alexas_Fotos

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