… oder: Was sind ätherische Öle?
Den unsichtbaren und vergänglichen Duft der Pflanzen einzufangen und ihn, wann immer man will, einzuatmen, ist ein Wunsch seit Menschengedenken. Wie viele schöne Erinnerungen und Stimmungen sind mit Düften verbunden! Wie oft wünschte man sie einzufangen und sie dann irgendwann einmal wie einen Geist aus der Flasche zu befreien. Das riecht nach Magie. Doch es ist gelungen.
Priester, Heiler und Alchimisten sind zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten der Welt hinter das Geheimnis gekommen, Pflanzen ihrer Düfte zu berauben und diese einzufangen wie einen Geist in der Flasche. Auf der Suche nach dem Stein der Weisen fanden die Alchimisten die Seele der Pflanzen, wie sie die ätherischen Öle nannten.
Ätherisch heißt himmlisch. Und das sind sie wirklich, diese duftenden Kostbarkeiten. Sie werden auch Essenzen genannt, denn sie sind das Essentielle, die Seele der Pflanzen. Keine gleicht der anderen und jedes ätherische Öl ist eine Duftpersönlichkeit. Die Essenzen beinhalten, wie die Heilerinnen und Heiler erkannten, die Lebenskraft, das Kraftfeld der Pflanzen, in konzentrierter Form. Sie sind Energieträger. Radiästhesisten, Menschen, die diese Energien mit verschiedenen Geräten messen können, wissen von der hohen Schwingung reiner ätherischer Öle.
Schauen wir uns die Pflanzen, die uns diese kostbaren Essenzen schenken, näher an. Ihr Duft, das ätherische Öl, sitzt in winzigen Öltröpfchen in oder auf dem Pflanzengewebe. Bei einigen Pflanzen kann man die Öldrüsen sogar mit dem bloßen Auge erkennen, z.B. in den Schalen der Orangen oder in einem Johanniskrautblatt, das man gegen das Licht hält.
Weshalb produzieren Pflanzen Duftstoffe? Ätherische Öle spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Pflanzen. Besonders viel Essenz in der Blüte lockt entweder die der Pflanze genehmen Insekten an oder schreckt andere ab, die die Pflanze auffressen wollen. Heute wird diese Tatsache schon mit Erfolg zur Bekämpfung von Insekten verwendet, indem man sie in „Duftfallen“ lockt.
Die ätherischen Öle schützen die Pflanze auch vor Bakterien und Pilzen. Auch schaffen die verdunstenden ätherischen Öle ein geeignetes Mikroklima um die Pflanzenteile herum und schützen sie dadurch vor Hitze und Kälte.
Die Duftstoffe können in verschiedenen Teilen der Pflanze konzentriert eingelagert sein:
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in den Blüten wie bei Rose, Jasmin und Kamille,
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in den Blättern wie z.B. bei Salbei, Melisse und Thymian,
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in den Wurzeln wie bei Kalmus, Angelika und Vetiver,
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im Samen wie bei Anis, Koriander und Kümmel,
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im Holz wie bei Sandelholz, Zedernholz und Rosenholz,
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in der Rinde wie beim Zimt,
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im Harz wie bei Weihrauch, Myrrhe und Benzoe und
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in der äußeren Fruchtschale wie bei allen Zitrusfrüchten.
Man braucht eine sehr große Menge von Pflanzen, um ein wenig Essenz zu erhalten. Der Behälter dafür sollte immer verschlossen aufbewahrt werden, denn als „himmlische „ flüchtige Essenz wollen die ätherischen Öle wieder „zurück in den Himmel“, das heißt, sie verdunsten.
Ätherische Öle sind keine wirklichen Öle. Im Gegensatz zu den fetten Ölen (wie allen Salatölen, Mandelöl oder Jojobaöl) sind die Essenzen leicht flüchtig. Fette Öle hinterlassen auf einem Stück Fließpapier, im Gegensatz zu den meisten Essenzen, immer einen Fettfleck. Ätherische Öle erheben sich wie Schmetterlinge von unserer Haut und bewegen sich in die Luft.
Zum Aufbewahren der Essenzen sollte man nie durchsichtige Flaschen verwenden. Ätherische Öle sind lichtempfindlich; ihre Qualität sinkt schnell, wenn sie dem direkten Licht ausgesetzt werden. Am besten eignen sich braune Flaschen, da Braunglas UV-Strahlen nicht durchlässt.
Wie lange halten sich die ätherischen Öle? Wenn sie richtig gelagert sind, einige Jahre. Die Flaschen sollten ganz gefüllt sein, damit die Essenzen nicht mit der Luft oxydieren können. Sie dürfen auch keinen extremen Temperaturen ausgesetzt werden, weder Minusgraden überhaupt noch Plusgraden von mehr als 35 Grad. Ihre volle Energie haben die Essenzen ein Jahr lang, dann lässt sie minimal nach.
Die Konsistenz der ätherischen Öle ist verschieden. Manche sind sehr flüssig, wie Lavendel, Zitrone oder Minze; andere wiederum zähflüssig wie Vetiver, Mimose oder Tonka.
Auch in der Farbe differieren die verschiedenen Essenzen. Manche sind farblos und klar wie Lavendel oder Eisenkraut; andere sind dunkler bis braun wie Vetiver oder Patchouli. Deutsche Kamille und Schafgarbe sind tiefblau, Bergamotte hellgrün.
Die Essenzen vermischen sich nicht gut mit Wasser, jedoch mit fettem Öl, in Alkohol, Seife und teilweise in natürlichen Emulsionen wie Milch, Sahne, Honig, Eigelb. Daraus ergeben sich verschiedene Anwendungsarten.
Aus dem Repertoire von Hunderten von duftenden, aromatischen Pflanzen werden nur etwa siebenhundert zur Herstellung von ätherischem Öl verwendet. In der Aromatherapie bedient man sich heute gewöhnlicherweise maximal siebzig verschiedener Essenzen.
Wenn man die Essenzen kennenlernen und ausprobieren will, genügen jedoch für den Anfang fünf bis zehn verschiedene.
Folgende gehören dazu:
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Lavendel, Minze, Eukalyptus,
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eine der vielen Zitrusfrüchte: Zitrone, Orange, Bergamotte, Mandarine, Limette,
Pampelmuse,
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eine der Nadelbäume: Zirbelkiefer, Meerkiefer oder Latschenkiefer,
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eine der süßen Blumen: Rose, Ylang-Ylang, Neroli, Jasmin oder Geranie,
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ein Gewürz: Fenchel, Koriander, Dill, Estragon, Kümmel oder Wacholderbeere und
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ein Holz: Sandelholz, Rosenholz oder Zedernholz.
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Text – gekürzt und leicht verändert – von Susanne Fischer-Rizzi: Himmlische Düfte, München 1990
Foto: Pixabay