Psychotherapie – Loslassen (6)

Rituale, die das Loslassen erleichtern

Seit Urzeiten setzen Menschen Rituale ein, um wichtigen Lebensereignissen einen Rahmen zu geben. Rituale und Zeremonien geben Zeit und Raum, um innezuhalten und nachzudenken über die Veränderungen im Leben. Rituale sind „ein zentrales Element unserer Existenz, denn sie verbinden uns mit der Vergangenheit, verleihen der Gegenwart Bedeutung und weisen uns den Weg in die Zukunft“.

Rituale sind symbolische Handlungen, die durch Gerüche, Klänge und Farben unser sensorisches Gedächtnis anregen. Sie stärken die Kontinuität im Leben und erlauben gleichzeitig den Wandel. Nicht zuletzt tragen sie auch dazu bei, unsere Sicht der Wirklichkeit zu verändern, erinnern uns daran, dass das Leben ein ständiger Fluss ist, und machen es uns so leichter loszulassen.“

 

  • Totenriten

    Rituale im Zusammenhang mit Sterben und Tod unterstützen uns in unserer Trauerarbeit. „Sie zeigen uns unmissverständlich, dass etwas zu Ende gegangen ist, helfen uns zu verstehen, was geschehen ist, und machen uns so das Loslassen leichter. Totenriten gestatten uns, unsere Trauer auszudrücken und mit denen zu teilen, die mit uns von diesem Verlust betroffen sind. Sie geben uns Gelegenheit, der Verstorbenen zu gedenken und sich gemeinsam der lustigen und auch tragischen Ereignisse aus seinem Leben zu erinnern.“

  • Scheidungszeremonien

    Auch Scheidungen und Trennungen gehören zu den Situationen im Leben, in denen das Loslassen besonders schwerfällt. Es ist das Eingeständnis des Scheiterns und ein Schlusspunkt. Während der Tod zwei Menschen unwiderruflich trennt, ist das bei der Trennung oder Scheidung eines Paares nicht unbedingt so, v.a. wenn gemeinsame Kinder da sind. Dies kann zu erheblichen emotionalen Turbulenzen und Kommunikationsproblemen führen. Rosette Poletti und Barbara Dobbs plädieren für Scheidungszeremonien, die den Akt der Trennung rituell besiegeln. Sie schlagen einige Zeremonien dieser Art vor, z.B. eine Scheidungsanzeige, eine religiöse Scheidungszeremonie, eine Scheidungszeremonie für ein konfessionsloses Paar mit Kindern oder eine Scheidungszeremonie ohne den Expartner/die Expartnerin.

     

    Alle enthalten drei Elemente:

    1. die Anerkennung der Tatsache, dass eine Scheidung eine ernste

    Angelegenheit ist – ausgedrückt in Worten, die weder Urteil noch

    Schuldzuweisung enthalten,

    2. das Versprechen, den Expartner/die Expartnerin jetzt und zukünftig

    respektvoll zu behandeln und

    3. einen konkreten Akt, der das Ende der Ehe symbolisiert

    (z.B. den Kindern die Schmuckstücke überreichen, die die Eltern aus den

    Eheringen haben fertigen lassen).

  • Rituale für das Loslassen im Alltag

    Rituale können jedoch nicht nur im Todes- oder Trennungsfall hilfreich sein. Sie können auch das Loslassen in vielen alltäglichen Situationen erleichtern:

    Bedauern und Schuldgefühle loslassen

    Irren ist menschlich und in unser aller Leben gibt es Dinge, die wir bedauern. Für den Fall, dass du Gedanken und Gefühle der Reue oder des Bedauerns gar nicht mehr stoppen kannst, kann eine Feuerschalen-Zeremonie hilfreich sein. Schreibe dazu alle Dinge, die du bedauerst und gerne loslassen möchtest, auf ein Blatt Papier. Lege es dann in eine Metallschale und verbrenne es. Du kannst das Ritual allein, mit einer Freundin/einem Freund oder in der Gruppe wie z.B. der Familie durchführen.

    Abschied vom Berufsleben

    Der Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand kann ambivalente Gefühle auslösen. Auf der einen Seite gibt es nun endlich ganz viel Zeit für all die schönen Dinge des Lebens, auf der anderen Seite ist eine Lebensphase unwiderruflich vorbei. Dieser Übergang kann dann besonders schmerzhaft sein, wenn die letzten Berufsjahre eher schwierig waren.

    Ein Ritual oder eine Zeremonie kann den Eintritt in den Ruhestand erleichtern. „Und je mehr solch ein symbolischer Akt den Einzelnen und seine Leistungen würdigt, desto leichter und schneller wird er loslassen können.“

    Vergangenes loslassen, um offen für das Kommende zu werden

    Das moderne Leben ist mit schnellen und häufigen Veränderungen verbunden. Einige Forscher sind davon überzeugt, dass wir uns mit Veränderungen bisweilen so schwer tun, weil Rituale fehlen, die den Übergang erleichtern. Vielleicht brauchen wir wieder mehr Feste und Feiern, die die Leistungen derer würdigen, die mit Wandel zu tun haben. Vielleicht brauchen wir eine neue „Erinnerungskultur“. So kann es z.B. ausgesprochen positive Auswirkungen auf das Betriebsklima und die Mitarbeitermotivation einer Firma haben, wenn Rituale, Zeremonien oder Feiern dabei helfen, sich von alten Standards zu verabschieden und sich neuen Verfahren zu öffnen.

Kleine Selbstbefragung zum Thema „Loslassen“

– Gibt es Situationen, in denen du nicht loslassen kannst?

– Gibt es Rituale, die dir beim Loslassen helfen können?

– Wie könnten Rituale aussehen, die du dir selbst schaffst?

– Wer könnte an diesen Ritualen teilnehmen?

– Wie kann ich den ersten Schritt machen, um loszulassen?

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zusammengefasst aus Rosette Poletti & Barbara Dobbs: Loslassen. Der Weg zu einem befreiten Leben. München 2014

Foto: Pixabay

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