Psychotherapie – Resilienztraining: Stress und Burnout

In ihrem Buch zum Resilienztraining*, das ich hier schon vorgestellt habe, schreibt Claudia Croos-Müller ein wichtiges Kapitel zum „Krafträuber-Duo Stress & Burnout“.

 

Burnout als Stressfolge

Die Ärztin schreibt: „Ein Blick in die Suchmaschinen zeigt, Burnout scheint das Thema überhaupt zu sein: 43 Millionen Einträge! (…) Natürlich ist Burnout nichts Neues (genauso wenig wie Resilienz). Bereits in den 1970er-Jahren wurde es im Zusammenhang mit Pflegeberufen in Amerika beobachtet und beschrieben. Die Übersetzung ´Ausgebranntsein` beschreibt diesen Zustand ausgezeichnet: Es besteht eine komplette Erschöpfung, weil sowohl im emotionalen als auch im physischen Bereich keine Kraft mehr vorhanden ist. Es zeigt sich eine negative Einstellung zum Beruf, zur Lebensaufgabe und zu den Mitmenschen in Form von Zynismus und Distanzierung. Negative Gefühle wie Ohnmacht, Wirkungslosigkeit, Selbstentwertung und Beschämung, Trauer, Verzweiflung überwiegen und setzen zusätzliche Stresshormone frei.

Burnout ist keine Krankheit, sondern ein Zustand geistiger, emotionaler und körperlicher Erschöpfung als Reaktion auf chronischen Stress.

Burnout zeigt nicht Schwächlinge an und ist erst recht keine Kleinigkeit. Es spielt sich in zentralen Bereichen des Gehirns ab und kann dadurch im weiteren Verlauf tatsächlich zu schwerwiegenden körperlichen und psychischen Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Tinnitus, Depression, Panikattacken und Suizidversuch, um nur ein paar Folgeerscheinungen zu nennen.

Wer durch ein Burnout in eine psychische oder psychosomatische Erkrankung hineinschlittert, ist oft lange krank. Das hat viele negative Auswirkungen: Arbeitskollegen sind dadurch mit zusätzlicher Arbeit belastet, der Arbeitsplatz gerät vielleicht in Gefahr, das Einkommen reduziert sich (nach sechs Wochen zusammenhängender Krankheit wird statt Gehalt ein deutlich geringeres Krankengeld gezahlt), die Partnerschaft gerät in Schieflage und vor allen Dingen: Das Selbstwertgefühl und die Selbstsicherheit werden schwer beschädigt. Das bedeutet die Zunahme schlechter Gefühle wie Scham, Angst, Verzweiflung und somit eine große Menge neuer Stresshormone, was wiederum die Burnout-Symptomatik und die Folgekrankheiten verstärkt.“

 

Ein Blick auf die Ursachen

Burnout und die Folgekrankheiten kommen durch zwei Faktorengruppen zustande. Zum einen sind es äußere Faktoren: die Situation am Arbeitsplatz mit möglicherweise hohem Leistungsdruck, einem falschen Führungsstil, prekären oder unsicheren Arbeitsverhältnissen, schlechtem Arbeitsklima. Zum anderen entsteht Burnout aber auch durch eigene Verhaltensweisen oder fehlende Strategien zur Lebensbewältigung – und oft durch unzureichende Resilienz.“

Claudia Croos-Müller behauptet, dass „Burnout durch ein Resilienztraining häufig verhindert werden kann“.

Weiter schreibt sie: „Burnout entwickelt sich schleichend. Es beginnt mit einer allgemeinen körperlichen, geistigen und emotionalen Erschöpfung. Dies bedeutet auch eine Erschöpfung von Nervenzellen in bestimmten Gehirnarealen. Die Folge: Konzentrationsstörungen, Gedächtnisstörungen und entsprechend schlechte Arbeitsleistung und Fehlerhäufung, negative Gefühle wie Angst, Scham und Wut. Schließlich kann dieser Zustand nicht einmal mehr durch Erholungsphasen ausgeglichen werden. Erst reicht das Wochenende nicht mehr aus, um am Wochenanfang ausgeruht und zuversichtlich in die Arbeit zurückzukehren. Schließlich bringt auch der Kurzurlaub nichts mehr und zum Schluss reicht auch der Jahresurlaub nicht mehr, um die Batterien aufzuladen. Spätestes dann steht die Ampel im Gehirn auf tiefdunkelrot. Das Großhirn kann dann nicht mehr gut arbeiten: Aufgaben werden nicht mehr richtig verstanden, es entstehen Flüchtigkeitsfehler oder gravierende Fehler. Das klare Denken liegt danieder. Bald greift der Flächenbrand auch auf die emotionalen Gehirnbereiche über: Es entsteht ein Gefühl der Gleichgültigkeit sich selbst und anderen gegenüber und es kommt schließlich zu einer extremen Gefühllosigkeit und zu Zynismus. Man wird reizbar oder aggressiv. Es sind inzwischen so viele Stresshormone entstanden, dass im Gehirn im wahrsten Sinne des Wortes ´Feuer unterm Dach` besteht. Das Schlimme ist: Ein Burnout ist nicht nur ein Programm der Selbstvernichtung, sondern es werden dadurch rundum auch andere Menschen beschädigt oder sogar vernichtet.“

 

Wie steht es bei dir?

Wie viel Stress bist du ausgesetzt und was tust du, um mit deinem Maß an Stress gut zurechtzukommen? Überlege:

 

Bist du ein großer Idealist oder hast du ein hohes soziales Engagement?

Bist du stark leistungsbereit oder sogar ein Perfektionist?

Hast du sehr viel/zu viel Ehrgeiz?

Wie hoch ist dein Selbstwertgefühl?

Wie hoch ist dein Maß an körperlicher Aktivität?

Wie hoch ist dein Maß an gutem Schlaf?

Wie hoch ist dein Maß an echter Freizeit?

Hast du gute Regenerationsstrategien, z.B. Mentaltechniken, die du regelmäßig (und nicht nur ausnahmsweise in höchster Not) im Sinne eines Resilienztrainings praktizierst?

 

Croos-Müller problematisiert: „Die heutige Arbeitswelt ist, wie sie ist. Die technische Entwicklung, der Zeitdruck, die Arbeitsverdichtung werde sich nicht mehr zurückdrehen lassen. Wir haben unendlich viel gelernt bezüglich technischen Fortschritt und Kommunikationsmöglichkeiten und uns angepasst. Was wir nicht getan haben, ist, auch unsere psychomentale Entwicklung voranzutreiben. Parallel zu der technischen Entwicklung und Geschwindigkeit hätte ein psychomentales Resilienztraining erfolgen müssen, um uns körperlich und geistig die nötige Kraft zu geben. Aber es ist nie zu spät, mit einem solchen Programm zu beginnen. Zahlreiche Unternehmen und Institutionen machen zu meiner großen Freude ihren Mitarbeitern inzwischen kleine psychomentale Angebote.“

Du kannst aber auch immer für dich selbst sorgen. Hole dir bei Bedarf auch professionelle Hilfe. Das ist keine Schwäche, „sondern das Merkmal eines resilienten und weisen Menschen. Erst wenn wir aktiv etwas tun, werden wir die veränderte Arbeitswelt beherrschen und uns nicht umgekehrt von ihr beherrschen oder im schlimmsten Fall vernichten lassen.“

 

Bewirke Wunder!

Die Autorin zitiert Adalbert Stifter: „Jeder muss sich das Wunder seines Lebens stets aufs Neue erwirken.“ So kannst du z.B. alle 30 oder 60 Minuten kleine Körperübungen (s.u.) an deinem Arbeitsplatz machen. Dafür musst du noch nicht einmal richtig deine Arbeit unterbrechen, verschaffst dir aber viele gute Gefühle und dadurch förderliche Neurotransmitter, die antidepressiv wirken. Durch solche einfachen Schritte kannst du dir deine Arbeits- und Lebenskraft erhalten. Du bist immer in der Lage, Einfluss zu nehmen – nicht unbedingt auf die äußeren Umstände, aber auf deine Reaktionen darauf. Werde selbst aktiv und dein eigener „Wunderdoktor“.

 

Kleine Körperübungen

 

Abperlen-Lassen von negativen Gefühlen

rolle mit den Schultern, abwechselnd rechts und links,

fahre deine Ellbogen ein bisschen aus und male damit große Kreise in die Luft – gleichzeitig und abwechselnd,

schüttele kräftig deine Hände aus, auch im Rechts-links-Wechsel,

mache jetzt mit den Armen ein paar schöne große Schwimmzüge und „schiebe dabei alles auf die Seite“,

atme tief ein und schnaube mit „Puuuh!“ aus.

 

Befreie dich

richte dich hoch auf,

atme genussvoll tief ein und richte dabei den Kopf nach oben,

nimm die Arme hoch („Hurra“-Geste),

mache mit dem Ausatmen ein lautes genussvolles „Aaah“!,

übe das Ganze drei Mal, denn damit kommt möglichst viel von deinem positiven körperlichen Erleben in deinem deinem Gehirn an und mehr gute Gefühle führen zu mehr hilfreicher Neurotransmitter-Produktion.

 

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Dr. med. Claudia Croos-Müller: Kraft. Der neue Weg zu innerer Stärke. Ein Resilienztraining. München 2015

Foto: Pixabay

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