Let´s talk about sex, baby (I) oder: Selbstliebe

Sex ist die schönste Nebensache der Welt, heißt es. In privaten und beruflichen Gesprächen taucht er gelegentlich bis regelmäßig auf. Dabei entsteht allerdings eher der Eindruck, dass es sich um die am meisten missverstandene Sache der Welt handeln könnte. Ganz ehrlich: Ich bin regelmäßig konsterniert, was ich so von Frauen, Männern und Diversen zu hören bekomme. Und auch davon, was ich noch in mir für Gespenster herumgeistern sehe. Deshalb, und weil ich mich schon seit sehr langer Zeit auf den verschiedensten Ebenen mit dem Thema beschäftige, jetzt endlich mal ein Blog von mir darüber.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist das gleichnamige Kapitel aus einem Buch* über Neo-Tantra, in dem es v.a. um die Heilung in der Liebe, mehr Freude im Leben und die Transformation von Sexualität geht. Der Autorin geht es um die Verbindung der Lust des Körpers, der Freude des Herzens und der Ekstase des Geistes. Sie definiert Tantra als eine alte östliche Wissenschaft von der spirituellen Erleuchtung; als einen mystischen Weg, der Sexualität als Tor zur Ekstase und Erleuchtung mit einbezieht.

Im Kapitel über Selbstliebe-Rituale schreibt sie: „Wissen Sie noch, wie es war, als Sie zum ersten Mal entdeckten, wie schön sich sexuelle Empfindungen anfühlen? Können Sie sich noch an das elektrische Kribbeln und die lebendige Wärme zwischen den Beinen erinnern, als Sie rittlings auf dem Ast des Baumes saßen und sich an der rauhen Rinde rieben? (…) Was für eine fein prickelnde, unerwartete Lust!

In meinen Seminaren können sich viele darin erinnern, dass diese ersten Erkundungen voll unschuldiger Freude waren und sie die freundlichen Botschaften des Körpers wie eine Einladung empfanden, am Tanz des Lebens teilzunehmen. Aber das konnte und durfte nicht sein. Die Erwachsenen hatten es verboten. Es war gefährlich. Hinter der namenlosen Angst stand die Vorstellung, dass die sexuellen Organe eine derart furchterregende Macht ausüben konnten und Sitz von so ungezügelten Trieben und Leidenschaften waren, dass sie strikt unter Kontrolle gehalten werden mussten.

So brachten unsere Erzieher die Sexualorgane in schlechten Ruf. Diese Körperteile wurden heftig verdammt und erhielten entsprechend gemeine, abstoßende Namen (…). Die Göttlichkeit dieser Körperteile wurde geleugnet. Unsere Kraft wurde gebrochen und damit auch die natürliche Fähigkeit des Körpers, Ekstase und Freude durch Gefühle zu erleben, die ihren Ursprung in den Genitalien haben.

Als wir dann anfingen, Sex mit einem Partner zu erleben, kann diese Selbstablehnung dazu geführt haben, dass wir unsere Sexualorgane ebenso zwanghaft versteckten wie die Gefühle, die für uns mit diesen Körperteilen verbunden waren. Über solche Dinge sprach man nicht, schon gar nicht mit dem Liebsten. Die Folge ist, dass es uns wahrscheinlich schwer fiel, wenn nicht ganz unmöglich war, unserem Partner zu sagen, wie er uns berühren sollte und was wir dabei empfanden.

Tatsächlich ist der einzig sichere Weg zur sexuellen Befriedigung für viele Menschen, dass sie heimlich masturbieren. Aber Masturbation ist auch mit Schuldgefühlen verbunden, und man hat uns beigebracht, sie sei schädlich.“

Margot Anands Ansatz bietet eine neue Sicht. Diese zielt u.a. darauf ab, die Kunst der Selbstliebe von Grund auf neu zu lernen, „indem wir unsere Einstellung zu unseren Sexualorganen ändern und anfangen, diese und uns selbst ohne Schuldgefühle lustvoll zu lieben“ und die Selbstliebe als eine heilende Kraft zu erleben. Denn negative Einstellungen zu uns selbst und unserer Sexualität „können noch lange, nachdem Menschen glauben, sich sexuell befreit zu haben, im Verborgenen weiter wuchern.“ Es geht darum, uns von diesen erlernten negativen Vorstellungen zu befreien. Aus diesem Grund hat Anand den Begriff Masturbation durch Selbstliebe ersetzt. „Masturbation hat etwas Kaltes und Klinisches an sich, etwas Verstohlenes und Verschämtes, das Menschen von den Gefühlen ihres Herzens abschneidet und verhindert, dass sie sich selbst annehmen. Selbstliebe dagegen legt nahe, dass wir uns selbst von Herzen Lust schenken, dass Lust heilsam und gut für uns ist und wir sie feiern und genießen sollten. Dieses Wort impliziert auch, dass der ganze Körper und nicht nur ein Teil daran beteiligt ist.

Ich weiß, dass es einigen von Ihnen schwer fällt zu glauben, dass wir die lebenslangen Schuldgefühle (…) ablegen können. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich in meinen Seminaren oft erlebt habe, wie Menschen durch Selbstliebe-Rituale verändert und von ihren Hemmungen befreit wurden.

Ich weiß, dass Sie falsche Vorstellungen und den Aberglauben über dieses Thema ablegen können, wenn Sie mutig sind. Sie sind nicht allein.“

Soweit Margot Anand mit ihrem heilsamen tantrischen Ansatz. Was hat das nun mit der Praxis EINKLANG-HARBURG zu tun? Nun, ich bin weder Tantrikerin noch Paarberaterin noch Sexualtherapeutin. Dennoch stelle ich in meinen Einzelberatungen, Gruppenseminaren und Psychotherapien immer wieder fest, dass Selbstwert und Selbstliebe bei allen Menschen ein Thema sind. Das kommt mal mehr, mal weniger direkt zum Ausdruck und ist doch die Grundlage für vieles, wenn nicht gar alles, was im Leben gut oder eben nicht so gut läuft. Wenn ich von Selbstliebe schreibe, meine ich damit nicht nur den ganzen Körper, sondern die ganze Person mit Körper, Seele und Geist. Das ist mein grundlegender Ansatz – nicht nur in meiner psychotherapeutischen Arbeit, sondern auch in den Bereichen Achtsamkeit, Meditation und Entspannung.

Das Thema Sexualität kommt – besonders im psychologischen Kontext, aber nicht nur – auch regelmäßig zur Sprache, doch immer recht verhalten und verschämt, auch bei jungen Menschen. Auch im Kontext Aufklärungsunterricht in meiner sonderpädagogischen Arbeit in der Schule habe ich viel mehr Ängste, Hemmungen, Unsicherheiten und Widerstände erlebt als Freude, Neugier und Offenheit. Bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in einer öffentlichen Beratungsstelle waren Themen wie Fetischismus und das Gefühl, im falschen Körper zu stecken, regelmäßig wiederkehrende Gesprächspunkte. Allerdings fast ausschließlich in der telefonischen, nicht der persönlichen Beratung. Und im kollegialen Austausch wurde recht häufig deutlich, dass die meisten Kolleginnen große Vorbehalte gegen das Thema Sex in Beratungen hatte und sich schnell unwohl fühlten. Da war mir meine jahrzehntelange sonderpädagogische Erfahrung im sozialen Brennpunkt sicher eine größere Hilfe, als mir bis dahin bewusst war. Dennoch, um ein komplexes Thema nur grob zu skizzieren, ist unsere moderne Gesellschaft mitnichten so aufgeklärt und locker unterwegs, wie es scheinen mag. Manchmal scheint es sogar im Gegenteil so zu sein, dass junge Menschen zwar nicht mehr so repressiv wie z.B. ich aufwachsen, aber vor lauter Sex um sich herum überhaupt nicht wissen, was real und was medial ist, was (für sie) geht und was nicht und wo überhaupt oben und unten ist. Ich nehme da eine riesige Orientierungslosigkeit und Verunsicherung wahr und bin tief bestürzt, was mir besonders Frauen im geschützten Rahmen berichten von dem Gefühl, unter Druck zu stehen, von sexueller Unlust, Krämpfen, Anorgasmie usw.

Worauf will ich hinaus? Auch wenn ich keine explizite Sexualtherapie anbiete, ist das Thema Sexualität in meinen Beratungen alles andere als ein Tabu. Vielmehr ist es für mich in den Jahrzehnten, die ich mich mit den Themen Persönlichkeitsentwicklung in Theorie und Praxis beschäftige, immer integraler Bestandteil des Ganzen gewesen. Das ist für mich ein so wesentlicher Teil des Lebens und meiner Ausbildung, dass ich bisher nur selten explizit darauf hingewiesen habe. Nun ist mir klargeworden, dass ein deutlicher Hinweis zu mehr Transparenz führt und Unsicherheiten entgegenwirken kann. Ich bitte allerdings um Verständnis, dass ich mich in diesem Kontext vorwiegend an Frauen wende.

Herzliche Einladung:

Wenn du als Frau mit deinem Körper, deinem Frau-Sein und deiner Sinnlichkeit haderst oder immer wieder an eine bestimmte Grenze stößt und nicht darüber hinauskommst, melde dich gerne bei mir. Normalerweise biete ich telefonische Beratungen nur an, wenn wir uns bereits persönlich kennengelernt haben. In diesem Punkt würde ich aber eine Ausnahme machen, falls du es sonst nicht über die Hemmschwelle schaffst und dich erst einmal vorsichtig an das Thema und meine Arbeitsweise herantasten möchtest. Melde dich einfach per Kontaktformular, Email oder Telefon bei mir und wir besprechen alles Weitere.

Valiente!“, sagt man in Spanien – sei mutig und pack den Stier bei den Hörnern!

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*Margot Anand: Tantra oder Die Kunst der sexuellen Exstase München 1989

Foto: Pixabay

 

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