Aromatherapie – Eine Reise ins Zentrum des Gehirns

Warum können Düfte uns so bewegen, unser Herz berühren? Welche geheimen Pforten öffnen sie wie mit Zauberworten, um zu unserer Seele vorzudringen?

Generationen von Forschern haben bereits versucht, das Phänomen des Riechens zu erklären. Meist wurden die Untersuchungen abgebrochen und die Ergebnisse unvollständig „ad acta“ gelegt. Der Geruchssinn blieb Nebensache. Doch daran hat sich in den letzten Jahrzehnten einiges geändert. Wissenschaftler auf der ganzen Welt beschäftigen sich mit dem inzwischen hochaktuellen Geruchssinn. Durch modernste technische Methoden ist es gelungen, den früher mysteriösen Vorgang des Riechens zu erhellen. Viele Fragen bleiben trotzdem offen.

Auf der Suche nach den Mechanismen unseres Riechsinns begeben wir uns auf eine spannende Reise ins Zentrum unseres Gehirns. Unsere Nase ist nur ein Teil der „olfaktorischen Wahrnehmung“, wie der Riechsinn wissenschaftlich genannt wird. Dorthin gelangen die Duftmoleküle durch Einatmen. In der Kuppel der Nasenhöhle, etwa auf der Höhe der Augen, sitzt beidseitig je ein Stück Riechschleimhaut. Diese ist jeweils nicht größer als eine Fünf-Cent-Münze. Sie ist jedoch ein wahres Wunderwerk! Die beiden Riechschleimhautfelder tragen insgesamt etwa zehn Millionen Riechsinnes-Nervenzellen. Sie sind mit einem dünnen Schleimfilm überzogen. Diese Nervenzellen werden etwa alle 28 Tage erneuert. Jede einzelne trägt ein Büschel von sechs bis acht Flimmerhärchen, welche auf ihrer Oberfläche Rezeptoren tragen. Diese sind chemisch so aufgebaut, dass bestimmte Duftmoleküle exakt in sie hineinpassen, gleich einem Puzzle.

Die Riechschleimhaut ist die einzige Stelle im Körper, an der das Zentralnervensystem offen liegt und direkt mit der Außenwelt Kontakt hat. Die Zellen der Riechschleimhaut sind Gehirnzellen. Die bis zu 80 Millionen Härchen können eine nicht vorstellbare Fülle an Informationen aufnehmen. Ihre Leistung übertrifft beim Menschen alle bisherigen analytischen Methoden. Wir nehmen damit mit jedem Atemzug feinste Informationen aus unserer Umwelt auf. Wenn wir atmen, riechen wir. Halte einmal die Luft an und ein geöffnetes Fläschchen mit einer Essenz unter die Nase. Selbst über große Entfernungen hinweg können wir noch Spuranteile von Duftstoffen wahrnehmen. Vanillin zum Beispiel riecht man noch in einer Konzentration von 0,000 000 002 Gramm pro Kubikzentimeter Luft.

Beim Sehen und Hören benötigen wir Energiereize wie Licht und Schall. Beim Riechen genügt die bloße Anwesenheit eines Duftmoleküls, das danach wieder abgeatmet wird. Hier gibt es noch Rätsel, deren Lösung die Wissenschaft bis heute nicht gefunden hat. Die Duftmoleküle bewirken auf den Flimmerhärchen chemische Reaktionen, die als elektrische Reize von den Nervenzellen weitergeleitet werden. Die feinen Fortsätze der Nervenzellen bündeln sich noch im Bereich der Nase und stoßen durch die Siebbeinplatte (sie ist durchlöchert wie ein Sieb) hinter der Nasenwurzel ins Schädelinnere. Sie treffen dort auf den Riechkolben, der die Reize in die entsprechenden Gehirnteile weiterleitet. Beißende und stechende Gerüche wie Ammoniak, Essigsäure oder Kohlendioxid werden von anderen Nerven, die auf Berührungsreize durch die Moleküle reagieren, weitergeleitet. Die Duftreize gelangen direkt ins Limbische System, wie es bei Reizen anderer Sinne geschieht, ohne von Zentren der Großhirnrinde zensiert zu werden. Sie erreichen die innersten Schaltzentralen unseres Gehirns, dort wo „die Düfte unser Herz berühren“. Bevor du also einen Duft bewusst wahrnimmst, hat er schon dein Unterbewusstsein erreicht und dort gewirkt.

Das Limbische System, das die in elektrische Impulse umgewandelten Düfte empfängt, gehört zum Stammhirn, dem ältesten Teil unseres Gehirns. Aus diesem entwickelte sich später das Großhirn, der Sitz des bewussten Denkens. So ist der Riechsinn der anfänglichste aller Sinne. Im Riechhirn (alter Name für das Limbische System) hat das Großhirn seine Wurzel wie ein Baum im Erdreich. Von dort bekommt es Energie und Inspiration durch das Riechen. Hören und Sehen sind relativ jüngere Sinne; deren Reize werden deshalb zuerst von der Großhirnrinde analysiert, bevor sie Reaktionen auslösen.

Die Duftreize können im Limbischen System die Ausschüttung von neurochemischen Stoffen bewirken. Hierzu gehören Encephaline, Endorphine, Serotonin und Noradrenalin mit folgender Wirkung:

  • Encephaline sind schmerzstillend, können heitere bis euphorische Zustände auslösen und ein Gefühl des Wohlbehagens erzeugen;

  • Endorphine wirken ebenfalls schmerzstillend, sexuell stimulierend und erzeugen Gefühle des Wohlbehagens;

  • Serotonin beruhigt und entspannt;

  • Noradrenalin regt an und macht wach.

Im Limbischen System liegen die Steuermechanismen für „Hochbrisantes“ aus dem Seelenleben, geheime Lagerplätze des Innersten. Dort ist der Sitz der Sexualität, der Sympathie und der Abneigung, der Motivation und Stimmungen, der Erinnerungen, Kreativität und der Regulierung des vegetativen Nervensystems.

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Text – gekürzt und leicht geändert – von Susanne Fischer-Rizzi: Himmlische Düfte, München 1990

Foto: Pixabay

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