Nachdem ich die letzten Jahre viele Blogs über verschiedene Edelsteine geschrieben habe, ist es nun auch an der Zeit, meine Edelstein-Lieblingsbücher vorzustellen.
Hans Lüschen: Die Namen der Steine. Das Mineralreich im Spiegel der Sprache.
Basel, 2. neu bearbeitete und erweiterte Auflage 1979
Der Autor
Professor Hans Lüschen (1895 – ?) lehrte an der Pädagogischen Hochschule in Oldenburg deutsche Literatur und Sprache. Seine Kenntnis des Mineralreichs erwarb er von früh auf als Sammler und Liebhaber.
Der Klappentext
„Seit Jahren vergriffen, wurde dieses Standardwerk über die geheimnisvollen Namen unserer Steine immer wieder verlangt. Total neu überarbeitet liegt es nun wieder vor: ein ungemein reizvolles mineralogisches, sprachgeschichtliches und kulturhistorisches Nachschlagebuch.“
„Dieses Buch behandelt das Mineralreich in ungewohnter, aber reizvoller Sicht, nämlich gespiegelt in den für diesen Bereich jetzt oder früher gebräuchlichen Namen. Grundauffassung des Buches ist: dass Namen je nach ihrer Art und ihrem Klang das Verhältnis des Menschen zur Mineralwelt mitbestimmen, dass sie den Umgang mit der Sache fördern, hemmen oder lenken können.
In einer geschichtlichen Übersicht werden die Wandlungen der Namengebung seit den vorgeschichtlichen Zeiten bis zur Gegenwart skizziert. So wird die kulturgeschichtlich bedeutsame Schichtung des heutigen Namenbestandes durchsichtig, ein Ergebnis, das nicht ohne Folgen für den Namengebrauch, ja für die Namengebung bleiben kann.
Im Wörterbuchteil werden weit über tausend Namen von Mineralien, Gesteinen, Edelsteinen, Fabelsteinen sprachlich und (soweit nötig) sachlich erklärt, geschichtlich eingeordnet und gewürdigt.
Unter den Bildern findet man alte und älteste Abbildungen der betreffenden Mineralien, wie auch moderne Farb- und Schwarzweißaufnahmen.
Auf das übersichtlich gegliederte und durch knappe biografische Daten bereicherte Literaturverzeichnis sei besonders hingewiesen.“
Das Buch
Hans Lüschen schreibt im Vorwort: „Das Thema dieses Buches führt in verschiedenste Fachgebiete. Sprachwissenschaft einerseits, Mineralogie, Gesteinskunde, Kristallkunde andererseits müssen zwar nicht in ganzem Umfang, doch in bestimmten Abschnitten einbezogen werden.“ Auch streifen die Inhalte Sachgebiete wie „Alchemie, Arzneikunde früherer Zeiten, Magie und Zauberbräuche, Bergwesen, Technik und Handel. Die Zahl der Namen ist riesig, die Vielfalt der in diesen Namen fassbaren Einwirkungen aus Vergangenheit und Gegenwart unübersehbar. Es wurde versucht, aus dieser Fülle eine angemessene Auswahl zu treffen.“
Zwischen Vorwort und Einleitung stellt der Autor ein wunderbares Zitat aus Goethes Farbenlehre: „Man bedenkt niemals genug, dass eine Sprache eigentlich nur symbolisch, nur bildlich sei und die Gegenstände niemals unmittelbar, sondern nur im Widerscheine ausdrücke.“
Das Buch enthält vier Hauptteile. Über den Text verteilt finden sich zahlreiche Abbildungen und einige Fotos.
Der erste Teil, die Einführung, besteht aus den beiden Kapiteln
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Die Aufgabe:
„Nun wird hier aber ein Buch vorgelegt, in welchem die Mineralienwelt nicht unmittelbar erscheint, sondern in sprachlicher Sicht, gespiegelt in den in diesem Bereich gültigen oder gültig gewesenen Namen. Wenngleich der Titel (…) darüber keinen Zweifel lässt, erscheint doch ein ausdrücklicher Hinweis angebracht, dass der Leser kein Mineralienbuch, keine Gesteinskunde, keine Edelsteinkunde zu erwarten hat, sondern eine Namenkunde.“
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Abgrenzung:
„Das Wort Stein klingt vertraut, scheint keiner Erklärung zu bedürfen, und doch umfasst der betreffende Artikel im Grimmschen Wörterbuch nicht weniger als 73 Spalten.“ Im Folgenden geht es um Steine im landläufigen Sinn, Steine im Sinne der Mineralogie und Petrographie, Steine im Zusammenhang mit Krankheiten usw.
Der zweite Teil stellt eine geschichtliche Übersicht dar und beinhaltet die Punkte
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Älteste Namen
(wie z.B. Salz und Gold)
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Edelsteinnamen im Mittelalter
(im Alten Testament werden z.B. 16 Edelsteine genannt)
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Metallnamen im Mittelalter:
„In der alt- und mittelhochdeutschen Sprache gibt es Namen für sieben Metalle. Drei sind einheimisch: Gold, Blei, Zinn; drei völlig eingedeutschte Lehnwörter: Silber, Eisen, Kupfer; eines ist Lehnübersetzung: Quecksilber, nach dem lateinischen argentum vivum.“
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Alchemistische Namen:
„In der Alchemie hat sich neben der gewöhnlichen auch eine besondere und höchst seltsame Benennungsweise entwickelt, zu deren Verständnis einige Mitteilungen über die Alchemie im allgemeinen angebracht erscheinen.“
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Zeitenwende
Hier bespricht der Autor die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit mit Bewegungen wie der Renaissance, des Humanismus oder der Reformation und Personen wie Luther, Paracelsus oder Goethe.
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Edelsteinnamen in der Neuzeit:
„Nur diejenigen Namen behalten Gültigkeit, denen eine Naturwirklichkeit entspricht. Die anderen werden aus der Wissenschaft ausgeschieden: der Karfunkel, der aus sich selbst im Dunkeln leuchtet, Piridonius, der feuerhaltige Stein, der die Hand verbrennt, Peanites, der Stein, der hin und wieder Junge bekommt.“
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Namen der figurierten Steine:
„Dies Kapitel behandelt eine Gruppe von Namen, die dem Aussterben nahe sind. (…). Ein Teil stammt aus mittelalterlichen Lapidarien.“
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Bergmannssprache:
„Weitaus das meiste Metall muß (sic!) aus dem Innern der Erde geholt und aus Erzen durch Rösten, Pochen, Waschen, Schmelzen gewonnen werden. So alt wie der Metallgebrauch, so alt ist das Bergbau- und Verhüttungswesen. (…). Im Berg- und Hüttenwesen trifft man auf die umfassendste Steinnamengruppe deutscher Prägung.“
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Anfänge der wissenschaftlichen Nomenklatur:
„In dem Maße, wie die moderne Naturwissenschaft sich entfaltet, fortschreitet und sich spezialisiert, entwickelt sie in jedem ihrer Zweige eigene Terminologien und Nomenklaturen.“
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Werner und seine Schüler:
Abraham Gottlob Werner (1749 – 1817) lehrte als Professor an der Bergakademie in Freiberg Geologie, Mineralogie und Bergwesen. Als vorzüglicher Lehrer bildete er „eine ganz Schule von Mineralogen heran“ wie z.B. Mohs.
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Goethe und Jean Paul:
„Unter den deutschen Dichtern der klassischen Zeit sind vier, die sich tiefer in die Welt der Steine eingelassen haben: Lessing, Goethe, Jean Paul, Novalis.“
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Namen aus dem Bereich der Mineralchemie und Mineralphysik:
„Wenngleich Werners Schüler einen überall gerühmten sichern Blick gewannen, so war doch die Hilfe der Chemie immer weniger zu entbehren.“
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System und Nomenklatur:
„Der Mineraloge und Kristallograph Mohs (1773 – 1839) ist in der Fachwelt auch heute noch bekannt durch die nach ihm benannte Härteskala. In der Geschichte der Nomenklatur verdient er genannt zu werden wegen eines Versuchs, der Mineralogie doch noch eine systematische Nomenklatur zu verschaffen.“
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Namen nach Personen und Fundorten:
„Wir haben bisher zwei Namengruppen ausgespart, die von ihrem Entstehen an umstritten waren, auch später weitgehend abgelehnt wurden, gleichwohl aber unaufhaltsam wucherten und sich seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts in der Nomenklatur über die Maßen breitmachten. Es sind die auf Personen und Fundorte bezüglichen Namen. Sie werden gebildet mit Hilfe griechischer oder lateinischer Nachsilben, und zwar die meisten mit verkürztem griechischem -ites: Prehnit, Wernerit, Millerit, Hausmannit, Annabergit, Zinnwaldit, nach Analogie von Malachit, Pyrit und andern.“
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Ein grammatisches Kapitel:
Hier geht es u.a. um die Frage der Wortbildung und um Namen mit „treffender Aussage „ wie z.B.: „Orthoklas, der Rechtwinkligspaltbare, Plagioklas, der Schiefwinkligspaltbare, Mikrolin, der mit geringer Neigung, Rhodonit, der Rosenartige, Grossular, der Stachelbeerfarbene, Anatas, der emporgestreckte Kristalle bildet“ usw.
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Anschluß (sic!) an die Gegenwart oder:
„Auf dem Gang durch die Geschichte der Steinnamen.“
Der dritte Teil bildet das eigentliche Wörterbuch, erstreckt sich über rund 200 Seiten und enthält über 1300 Namen. Dabei ist der erste Eintrag Abeston (mit einem Hinweis zu Asbest) und der letzte Zyanit/Kyanit.
Der vierte Teil ist der Anhang und enthält
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Literatur:
darunter z.B. griechische und lateinische Lapidarien, Werke zur christlichen Allegorik, Sammlungen des althochdeutschen Wortschatzes, mittellateinische Lapidarien, deutsche Steinbücher und deutsche Dichtung des Mittelalters, Bücher über Alchemie, neulateinisches Schrifttum, Berg- und Probierbücher, bergmännische Lexika, frühe Mineralogie von etwa 1750 bis zu Werner, dann zu
Werner und seinen Schülern, Goethes Schriften zur Mineralogie und Geologie,
Reisebeschreibungen, Ausbau der wissenschaftlichen Nomenklatur bis etwa 1850, aus der Naturwissenschaft seit etwa 1850, Edelsteinkunde im 19. und 20. Jahrhundert, Geschichte der Wissenschaft und Technik, Nomenklatur, Wörterbücher und verschiedene Nachschlagewerke,
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Personen-Register und
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Tafelverzeichnis.
Meine Meinung
Natürlich ist dieses Buch keines von der Sorte, die man in einigen Stunden oder Tagen von vorne bis hinten durchliest. Vielmehr ist es eine Art Lexikon plus ein Geschichtsbuch und eine wahre Fundgrube an Informationen. Ich habe größten Respekt vor der Arbeitsleistung, die zu diesem Schriftwerk geführt hat. Alleine die zahlreichen Unterpunkte des ausführlichen Literaturverzeichnisses lassen erahnen, dass dem Schreiben des Buches ein ganzes Studium vorausgegangen sein mag und der Titel sicherlich so etwas wie ein Lebenswerk darstellt.
Das Buch ist alt, riecht auch so und sieht dementsprechend aus, ist in der alten Rechtschreibung niedergeschrieben und liest sich auch so, doch das tut seinem Charme keinerlei Abbruch. Es ist ungemein gehaltvoll und interessant und so dicht, dass es nur in kleinen Dosen gut verdaulich ist.
Den sprachwissenschaftlichen Anteil – „Eine Liste der heute im Deutschen gebrauchten Steinnamen zeigt einen auffallend geringen Anteil deutscher Namen. (…). Die Betrachtung der Steinnamen im Deutschen erfordert also einen Blick auf fremde Sprachen, und zwar vor allem auf die griechische, in zweiter Linie auf die lateinische“ – finde ich in seiner Einbettung in den entsprechenden historischen Rahmen ungemein faszinierend.
Alles in allem ist der Titel meiner Meinung nach ein Muss für all die Menschen, die von Mineralien und Edelsteinen begeistert sind und Spaß an einem Blick zurück in unsere Geschichte haben!
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Foto: Pixabay