Seit ich 1988 nach Norddeutschland gezogen bin, sehe ich die Hamburger Öffentliche Bücherhallen als unerschöpfliches Schatzkästchen an und bin immer wieder begeistert, was ich so alles finde, zum Beispiel diese CD.
Anna Trökes: Yoga bei Depression. Das Übungsprogramm
München 2017
Auf der CD finden sich folgende Infos: „Yoga ist eine der wirkungsvollsten Therapien , um der Depression zu begegnen. Deshalb legt dieses Übungsprogramm besonderen Wert auf das Einüben von Achtsamkeit und Meditation, denn Forschungen der modernen Neurowissenschaften belegen klar, dass darin das größte und nachhaltigste Heilungspotenzial liegt.“
Anna Trökes
Anna Trökes unterrichtet schon seit 1974 Yoga – da kam ich gerade in die Grundschule… Sie ist Autorin von mehr als 30 Yoga-Publikationen und leitet seit 1984 Yogalehr-Ausbildungsgänge für den BDY (Berufsverband Deutscher Yogalehrer). Außerdem lehrt Trökes als Ausbildungs-Dozentin bei verschiedenen anderen Verbänden, der Volkshochschule, dem Kneipp-Bund und privaten Ausbildungsschulen die Fächer Hatha-Yoga, Pranayama, Meditation, Yoga-Philosophie (besonders Patañjali), medizinische Grundlagen, Neuro-Yoga, Unterrichtsgestaltung und Sprecherziehung für Yogalehrer.
Die Übungen
Die Übungen auf der Disc sind Bestandteil des gleichnamigen Lehr- und Arbeitsbuchs, können aber völlig unabhängig davon genutzt werden.
Die CD mit einer Gesamtspielzeit von einer guten Stunde beinhaltet 10 Tracks:
1. Reinigungsatem mit der HA- und der HUIT-Atmung
2. Bewegungsablauf zur Stärkung des Herzens
3. Atem-Gewahrsein
4. Stimmungsaufhellende Atmung (Bhramari)
5. Die kraftvolle Atmung (eine Bhastrika-Variante)
6. Die energieaufladende Atmung (Plavini)
7. Der Atem der Freude (Breath of Joy)
8. Ausatem-Meditation
9. Meditation: Halt und Raum finden zwischen Erde und Himmel
10. Der heile Ort
Aus den Titeln wird schon ersichtlich, dass es sich nicht um ein Hardcore-Yoga-Programm handelt, sondern der Schwerpunkt auf dem Atem und der Meditation liegt. Falls du nach dem Lesen der ganzen Fachbegriffe befürchtest, dass das Programm nur für Spezis geeignet ist: Vergiss es, das ist absolut nicht der Fall! Gleich beim ersten Track wird deutlich, dass die meisten Übungen ganz einfach anzuwenden sind. Und nach wenigen Minuten wird spürbar, wie überaus effektiv diese einfachen Übungen sind! Obwohl ich das schon oft erfahren habe, bin ich immer wieder positiv überrascht darüber, wie schnell das geht und wie nachhaltig die Wirkung ist. Also ist die Devise immer wieder: MACHEN! EINFACH MACHEN! RAUS AUS DEM KOPF, rein in den Körper.
Im Inlet gibt es noch hilfreiche Erläuterungen zu den einzelnen Übungen, z.B. zu der ersten: „In Zeiten der Depression fühlen wir uns meist belastet, bedrückt und schwer. Diese Reinigungsübung hilft uns, mittels eines kraftvollen Ausatmens etwas von dieser Last und Schwere loszuwerden.“ Das stimmt! Und ich hatte bereits bei der Ausführung schon ein amüsiertes Grinsen im Gesicht!
Zum Bewegungsablauf zur Stärkung des Herzens (Track 2): „Dieser meditative Bewegungsablauf lädt Sie ein, sich behutsam wieder der Welt zuzuwenden und sich mit ihr zu verbinden. Er unterstützt Sie darin, sich der Weite und dem Licht des Himmels über Ihnen zu öffnen und diese Qualitäten in Ihr Leben zurückzubringen.“ Und schön fühlt er sich an, sooo schön, ein Genuss!
Auch finden sich wichtige Hinweise zur Herkunft der Übungen. So wurde die Atemübung „Der Atem der Freude“ auf Track 7 von der US-amerikanischen Yogalehrerin Amy Weintraub entwickelt, die selber unter schweren Depressionen litt. Und die Ausatem-Meditation von Track 8 stammt von dem tibetischen Meister Chögyam Trungpa und soll den Menschen des Westens helfen, belastende Gedanken, Sorgen und Ängste loszulassen.
Ganz wunderschön finde ich den Hintergrund zum letzten Track: „Yoga sagt, dass jeder Mensch in sich einen ´heilen Ort` hat: einen Bereich, der unverletzbar ist und den kein Leid je berühren kann. Diesen Ort in sich zu finden und den Kontakt mit ihm zu halten, hilft vor allem dann, wenn es uns nicht gut geht, die Quelle der Heilung zu finden.“
Die fließende, harmonische und unaufdringliche Musik im Hintergrund unterstützen und verstärken Genuss und Hingabe bei der Ausführung!
Im Beiheft finden sich außerdem noch vertiefende Ausführungen unter den Überschriften
Yoga-Praxis mit der Übungs-CD
In schweren Zeiten die eigene Mitte finden
Wie kann Ihnen eine Yoga-Praxis helfen, ihre Depression zu mildern?
Einige Auszüge zum ersten Punkt:
„In Phasen depressiver Verstimmtheit fällt es oft sehr schwer, sich selbst etwas Gutes zu tun. Denn die innere Antriebslosigkeit ist eines der wesentlichen Symptome einer Depression. Wenn es Sie Überwindung kostet, das Haus zu verlassen und sich unter Menschen zu begeben, dann kann Ihnen eine Übungs-CD gute Dienste leisten.
Vielleicht ist es in der depressiven Stimmung für Sie sogar die schwerste Übung, auf die Yogamatte zu gehen und die CD einzulegen. Sie werden aber merken, dass es Ihnen jedes Mal, wenn sie es geschafft haben zu üben, hinterher besser gehen wird. Diese Wirkung ist verlässlich, weil sie darauf beruht, dass Sie wieder spüren, dass Sie selbst etwas tun können, um sich Linderung in Ihrem leiden zu verschaffen. (…)
Es empfiehlt sich, dass Sie das Übungsprogramm beim ersten Mal von Anfang bis Ende anhören und mitüben. Nehmen Sie sich dafür eine gute Stunde Zeit. Werden Sie sich bewusst, welche Übungen Ihnen besonders gut tun.“
Ich hatte auch bereits nach dem ersten Hören meine Lieblingsübungen gefunden! Und auch meine Muss-nicht-sein-Übungen… Es ist dann hilfreich und stärkend, diese Lieblingsübungen über einen längeren Zeitraum möglichst regelmäßig zu machen und sie in den eigenen Tagesablauf einzubauen.
Zum zweiten Punkt:
„In der westlichen Welt nehmen Depressionen in den letzten Jahrzehnten dramatisch zu. (…) Bei der Suche nach geeigneten Alternativen zur jahrelangen Einnahme von Psychopharmaka mit ihren vielfältigen Nebenwirkungen zeigte sich, wissenschaftlich gut abgesichert, dass eine regelmäßige Übungspraxis, die Bewegung, Entspannung, Achtsamkeitstraining und Meditation umfasst, vergleichbare unmittelbare Wirkungen hatte, bezüglich der Nachhaltigkeit jedoch deutlich bessere Ergebnisse zeigte. Ein solches Training bewirkte zuverlässig eine Veränderung in der Empfindung des eigenes Selbstwertes bedingt durch die wahrgenommene Selbstwirksamkeit. Es verbessert die Fähigkeit, sich selbst wahrzunehmen und körperliche sowie emotionale Bedürfnisse frühzeitiger und differenzierter zu erkennen.“
Zu Punkt Nummer 3:
„Schnelle Reinigungs-Atemübungen (Track 1 & Track 5) entlasten und regen an, wenn Sie sich bedrückt und gelähmt fühlen.
Bewegungsabläufe, in den Atem und Bewegung synchronisiert werden (Track 2 & Track 7), beschäftigen den Geist, so dass er keinen Raum zum Grübeln hat und geben ihm eine positive Ausrichtung. In diesem Sinne wirken auch die Atem-Übungen (Track 3, Track 4 & Track 6). Sie sind alle so angelegt, dass Sie sich ausatmend entlasten und einatmend wieder Energie aufnehmen können.
Die Meditations-Übungen (Track 8, Track 9 & Track 10) gelten als Herzstück der Yoga-Praxis. Neuere Forschungen in der Medizin und Psychologie haben gezeigt, dass kaum etwas so nachhaltig und verlässlich gegen Depressionen wirkt wie die Meditation. Wenn wir sie (mäßig und)n regelmäßig üben, bewirkt sie sogar, dass unser Gehirn sich so umformt, dass es weniger anfällig für das Auftreten depressiver Phasen wird!
Und schließlich ist da der große Bereich der Arbeit mit dem Geist, gewissermaßen die yogische Kernkompetenz! In dieser prozesshaften Arbeit geht es darum zu erkennen, mit welchen Denkmustern und inneren Einstellungen wir uns Leid erschaffen und dann diese Leid erzeugenden Muster allmählich durch heilsame und positive Muster zu ersetzen. (…)
Die Wirksamkeit jeder Yoga-Praxis beruht darauf, dass die Übungen seit Jahrhunderten erprobt und bewährt sind.“
Fazit
Empfehlenswert als nachhaltige Methode aus dem dunklen Tal heraus! Es ist nicht immer alles schwer: MACHEN ist der Weg!
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Foto: Pixabay