Let´s talk about sex, baby (V) oder: Ekstase

Sex ist die schönste Nebensache der Welt, heißt es. In privaten und beruflichen Gesprächen taucht er gelegentlich bis regelmäßig auf. Dabei entsteht allerdings eher der Eindruck, dass es sich um die am meisten missverstandene Sache der Welt handelt. Ganz ehrlich: Ich bin regelmäßig konsterniert, was ich so zu hören bekomme. Und auch davon, was ich noch für komische Gespenster in mir selbst herumgeistern sehe. Deshalb, und weil ich mich schon seit sehr langer Zeit auf den verschiedensten Ebenen mit diesem Thema beschäftige, jetzt mal wieder ein Blog darüber.

Ausgangspunkt der Überlegungen ist das Kapitel „Die ekstatische Reaktion wecken“ aus einem Buch über Neo-Tantra*, in dem es v.a. um die Heilung in der Liebe, mehr Freude im Leben und die Transformation von Sexualität geht. Der Autorin geht es um die Verbindung der Lust des Körpers, der Freude des Herzens und der Ekstase des Geistes. Sie definiert Tantra als eine alte östliche Wissenschaft von der spirituellen Erleuchtung; als einen mystischen Weg, der Sexualität als Tor zur Ekstase und Erleuchtung mit einbezieht.

Im Kapitel über die ekstatische Reaktion schreibt sie: „Das Wort Ekstase bedeutet wörtlich ´aus der Stagnation herausgerufen werden`, das Gefühl, über die tägliche Routine hinausgehoben zu werden. Ekstase stammt von der lateinischen Wortwurzel ex-tasis, ´außer sich sein`, eine Redewendung, die sich bei uns in Ausdrücken wie ´ich bin außer mir vor Freude` wiederfindet. Das heißt, wir sind von starken Emotionen oder Energien so erfüllt, dass der Körper sie nicht halten und der rationale Verstand sie nicht erfassen kann. Eine lebenssprühende Energie fließt über, und wir gelangen in andere Dimensionen, in denen unser Geist, der durch ein außergewöhnliches Ereignis von großer Intensität – ein Kind gebären, sich leidenschaftlich lieben, dem Tod gegenüberstehen – befreit wurde, sich weit über die gewöhnlichen Grenzen unserer Wahrnehmung und unseres Bewusstseins erhebt.

Die meisten Menschen glauben, dass Ekstase ein überraschendes Ergebnis ist, zu dem es nur selten und durch Zufall kommt – als Ergebnis willkürlicher Umstände, die nicht bewusst wiederhergestellt werden können. Oder sie betrachten Ekstase als einen mystischen Zustand, der nur durch extreme Anstrengungen erreicht werden kann und Asketen vorbehalten ist, die irdischen Gelüsten entsagen und Körper und Geist über Jahre hinweg rigoros trainieren, um ein Fünkchen vom ´Jenseits` zu erhaschen. Nichts davon ist wahr.

Abraham Maslow, der Begründer der humanistischen Psychologie, entdeckte in den sechziger Jahren, dass fast alle Menschen zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens Gipfelerfahrungen machen, die zutiefst beglückende und ekstatische Zustände einschließen (…).“

Ferner führt Margot Anand aus, dass der Körper als eine natürliche Leitung für bestimmte Strömungsempfindungen fungiert. Er besteht zu rund 90% aus Wasser und anderen Flüssigkeiten. Das bedeutet, dass „Empfindungen, Gefühle, Emotionen und Energien sich nicht nur in einem bildlichen Sinn, sondern ganz real als Fluten und Wellen, als Rieseln und Pulsieren durch die Ströme und Flüsse des Körpers bewegen. Diese Vibrationen sind ein Schlüssel zu unserer Lebendigkeit.“

Einschub: Die beschriebenen Phänomene sind übrigens auch eine wichtige Grundlage für die Wirkungen einer Klangmassage, wie du auf meiner Website und in den entsprechenden Blogs nachlesen kannst.

Nun aber weiter mit Margot Anand: „Dr. Alexander Lowen, der Begründer der Bioenergetik, sagt, dass sich ein gesunder Körper, ob schlafend oder wach, kontinuierlich im Zustand der Vibration befindet. Solche Vibrationen sind von unterschiedlicher Intensität und Schwingungfrequenz. Sie findet sich auf der Zellebene, wo jede Zelle sich rhythmisch zusammenzieht und ausdehnt, während sie Nahrungsstoffe durch das Blut erhält und diese umwandelt und verteilt, ebenso wie in unseren Organen wie Lunge, Herz und Darm, die ständig pulsieren. Wenn es zu starken Körpervibrationen kommt – das heißt, wenn diese durch heftige Erregung oder Gefühlsbewegung intensiviert werden -, rufen sie in uns Freude, Vitalität und Ekstase hervor.“

Bestimmte Übungen sollen helfen, Vibrationen durch den Körper zu leiten. Zunächst geschieht dies „mit willkürlichem Nachdruck und dann zunehmend subtiler, bis der Körper quasi von selbst zu strömen beginnt. Wenn all die verschiedenen Körperteile – Knie, Becken, Hals und Kopf – harmonisch zusammen schwingen, kommt es zu einem kontinuierlichen Strömen. Sind jedoch Muskelverspannungen vorhanden, wird der Energiefluss an den Spannungspunkten unterbrochen. Wilhelm Reich war der erste westliche Wissenschaftler, der die Tatsache demonstrierte, dass dieser Empfindungsfluss reibungsloser verläuft, wenn die Verspannungen im Körper aufgelöst werden (…).

Nach der östlichen Philosophie des Kundalini-Yoga schläft die Lebensenergie am unteren Ende der Wirbelsäule und wird durch den Körper aufwärts bis zum Gehirn kanalisiert.“ Eine amerikanische Ärztin und Autorin, Lee Sanella, hat ausgedehnte Forschungen zum Erwecken der Kundalini-Energie betrieben. Sie versichert, dass ihr Aufstieg durch den Körper einen interessanten positiven Nebeneffekt hat: „Er bewirkt, dass das zentrale Nervensystem Stress abgibt. Wenn die Energie im Körper aufsteigt, trifft sie auf Blockaden in Form von gepanzerten oder verspannten Muskeln und Gewebestellen. Ähnlich wie elektrischer Strom erzeugt die Reibung, die durch den Widerstand der Panzerung gegen die aufsteigende Energie entsteht, Hitze, und diese verbrennt die Spannungen, reinigt die Kanäle und öffnet damit den Weg für einen freieren Energiefluss. Wenn sich Blockaden auflösen, kommt es zu einem ganz feinen Umschwung“ und du kannst spüren, dass die Strömungsempfindungen intensiver werden, wobei sie zuerst von den Füßen zum Kopf und dann von dort durch den Körper zurück zu den Füßen laufen. Wenn du dieses Strömen durch deine Organe wahrnehmen kannst und nicht eingreifst, kann es sich ausdehnen und dich – laut Anand – über die Grenzen deines physischen Körpers hinaustragen. Diesen Vorgang nennt sie „die ekstatische Reaktion. Sie besteht in einem Gefühl von intensiver Freude, von Reinigung und Entspannung.“

In ihrem Buch stellt die Autorin verschiedene Übungen wie z.B. Schütteln und Lockern und eine bestimmte Entspannungsmethode vor, die diesen Reinigungsprozess erlebbar machen, eine energetische Aufladung erzeugen und körperliche Blockaden auflösen sollen. Nach ihrer Versicherung wird die Möglichkeit, Ekstase als ein Ganzkörperphänomen zu erleben, umso größer, desto mehr Blockaden aufgelöst sind.

Soweit Margot Anand mit ihrem tantrischen Ansatz. Was hat das nun mit der Praxis EINKLANG-HARBURG zu tun? Nun, wenn du beim Lesen dieser Worte ärgerliche oder frustrierte Reaktionen in dir wahrnimmst wie: „Ah ja, diese Luxusprobleme hätte ich auch gerne mal“. Wenn du gerade wirklich mit ganz anderen Themen zu kämpfen hast. Oder wenn es dir zwar insgesamt gut geht und du zufrieden mit deinem Leben bist, du gleichzeitig aber immer diese ziehende Sehnsucht in dir verspürst und den Gedanken: „Da muss es doch noch mehr geben!“ … oder oder oder, dann möchte ich dir sagen: Ich bin weder Tantrikerin noch Paarberaterin noch Sexualtherapeutin. Dennoch stelle ich in meiner Arbeit immer wieder fest, dass Sehnsüchte, Wünsche und Träume bei allen Menschen ein wesentliches Thema sind. Und wenn ich von Sehnsucht und vielleicht sogar Ekstase schreibe, meine ich damit die ganze Person mit Körper, Seele und Geist. Das ist mein grundlegender Ansatz – in meiner psychotherapeutischen Arbeit und in den Bereichen Achtsamkeit, Meditation und Entspannung.

Auch der Themenkomplex Körperlichkeit, Sinnlichkeit und Sexualität kommt in meiner Arbeit regelmäßig zur Sprache, doch in der Regel auf eine ziemlich verhaltene und verschämte Art und Weise, auch bei jungen Menschen. Und im Kontext Aufklärungsunterricht in der Schule habe ich viel mehr Ängste, Hemmungen, Unsicherheiten und Widerstände erlebt als Freude, Neugier und Offenheit. Bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit in einer öffentlichen Beratungsstelle waren Themen wie Fetischismus und das Gefühl, im falschen Körper zu stecken, regelmäßig wiederkehrende Gesprächspunkte. Allerdings fast ausschließlich in der telefonischen, nicht der persönlichen Beratung. Und im kollegialen Austausch wurde recht häufig deutlich, dass die meisten Kolleginnen große Vorbehalte gegen das Thema Sex in Beratungen hatten und sich schnell unwohl fühlten. Da war mir meine jahrzehntelange sonderpädagogische Erfahrung im sozialen Brennpunkt sicher eine große Hilfe. Dennoch, um ein komplexes Thema nur grob zu skizzieren, ist unsere moderne Gesellschaft mitnichten so aufgeklärt und locker unterwegs, wie es scheinen mag. Manchmal scheint es sogar im Gegenteil so zu sein, dass junge Menschen zwar nicht mehr so repressiv wie z.B. ich aufwachsen, aber vor lauter Sex um sich herum überhaupt nicht wissen, was real und was medial ist, was (für sie) geht und was nicht und wo überhaupt oben und unten ist. Ich nehme da eine riesige Orientierungslosigkeit und Verunsicherung wahr und bin tief bestürzt, was mir besonders Frauen im geschützten Rahmen berichten von sexueller Unlust, Krämpfen, Anorgasmie usw.

Worauf will ich hinaus? Auch wenn ich keine explizite Sexualtherapie anbiete, sind Themen wie Körperlichkeit, Sinnlichkeit, Sexualität und der Wunsch nach Ekstase in meinen Beratungen alles andere als ein Tabu. Vielmehr ist es für mich in den Jahrzehnten, die ich mich mit den Themen Persönlichkeitsentwicklung in Theorie und Praxis beschäftige, immer integraler Bestandteil des Ganzen gewesen. Das ist für mich ein derart wichtiger Teil des Lebens und meiner Ausbildung, dass ich bisher nicht explizit darauf hingewiesen habe. Nun ist mir klargeworden, dass ein deutlicher Hinweis zu mehr Transparenz führen und Unsicherheiten entgegenwirken kann. Ich bitte allerdings um Verständnis, dass ich mich in diesem Kontext vorwiegend an Frauen wende.

Herzliche Einladung:

Wenn du als Frau mit deinem Körper, deinem Frau-Sein und deiner Sinnlichkeit haderst oder immer wieder an eine bestimmte Grenze stößt und nicht darüber hinauskommst, melde dich gerne bei mir. Normalerweise biete ich telefonische Beratungen nur an, wenn wir uns bereits persönlich kennengelernt haben. In diesem Punkt würde ich aber eine Ausnahme machen, falls du sonst nicht über die Hemmschwelle kommst und dich erst einmal vorsichtig an das Thema und meine Arbeitsweise herantasten möchtest. Melde dich per Kontaktformular, Email oder Telefon bei mir und wir besprechen alles Weitere. Sei mutig und pack den Stier bei den Hörnern!

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*Margot Anand: Tantra oder Die Kunst der sexuellen Exstase München 1989

Foto: Pixabay

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