Eine der nützlichsten Übungen, die dich am besten im Körper verankert, ist die Gehmeditation.
Die Gehmeditation ist eine einfache und wirksame Methode, um Ruhe zu entwickeln und uns unseres Körpers bewusst zu werden. Sie kann regelmäßig vor oder nach der Sitzmeditation geübt werden, aber auch für sich, an einem stressfreien Sonntagmorgen oder nach einem anstrengenden Arbeitstag.
Suche dir einen ruhigen Ort, an dem du auf und ab gehen kannst. Das kann drinnen oder draußen sein. Du solltest etwa 30 Schritte machen können. Du fängst an, indem du am einen Ende deines „Pfades“ Aufstellung nimmst.
Das heißt: Du stellst dich hin und verankerst dich mit den Füßen gut im Boden. Deine Hände hältst du so, wie es für dich am bequemsten ist. Atme ein paar Mal ein und aus und öffne deine Sinne. Sehe und spüre deine Umgebung.
Nach einer Minute lenkst du die Aufmerksamkeit auf den Körper zurück.
Zentriere dich und spüre, wie dein Körper auf der Erde steht.
Wie fühlen sich deine Fußsohlen an?
Wie fühlt es sich überhaupt an, zu stehen?
Sei präsent.
Sei ganz da.
Dann gehst du in etwas langsamerem Schritt als üblich. Vollführe das Gehen mit einem Gefühl von Leichtigkeit und Würde. Entspanne dich, so dass du ganz natürlich und voller Anmut dahingehst. Als wärst du eine Königin oder ein König beim Spaziergang. Achte auf deinen Körper. Spüre bei jedem Schritt, wie es sich anfühlt, Fuß und Bein von der Erde zu haben. Dann lasse den Fuß achtsam wieder auf die Erde sinken. Spüre jeden Schritt ganz.
Wenn du das Ende deines Pfades erreicht hast, mache einen Moment lang Pause. Konzentriere dich auf deine Mitte. Drehe dich achtsam. Lege eine neue Pause ein, so dass du dir den ersten Schritt des Rückwegs wirklich bewusst machen kannst.
Experimentiere ruhig mit der Geschwindigkeit: Wie gelingt es dir am ehesten, voll präsent zu sein?
Gehe etwa zehn bis zwanzig Minuten lang voller Achtsamkeit vor und zurück. Wie bei der Atemmeditation im Sitzen wird auch hier dein Geist herumwandern. Wenn du dies bemerkst, nimm es zur Kenntnis und etikettiere kurz, wohin dein Geist unterwegs war: Wandern, Denken, Hören, Planen. Dann kehre zum nächsten Schritt zurück.
Wie bei der Erziehung eines Welpen musst du Geduld haben: Der Geist wird dir unzählige Male „entwischen“. Doch ob er nun zehn Sekunden oder zehn Minuten unterwegs war: Du nimmst einfach zur Kenntnis, wo du warst, entspannst dich und kommst dann zurück, um hier und jetzt zu leben. Beim nächsten Schritt, den du tust.
Setze die Gehmeditation ein, um dich zu sammeln und achtsamer in deinem Körper zu leben. Übe zuerst zu Hause. Doch natürlich lässt sich das achtsame Gehen auch ausdehnen: auf Spaziergänge beispielsweise oder vielleicht einfach nur, wenn du zum Auto oder zur Bahn gehst. Du kannst lernen, das Gehen um des Gehens willen zu genießen, statt dich in endlosen Planungen und Denkvorgängen zu ergehen. Auf diese einfache Weise kannst du ganz präsent sein. Bringe Körper, Herz und Geist zusammen, wenn du durchs Leben gehst.
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Die Übung stammt – leicht abgewandelt – aus dem Buch: „Das weise Herz“ von Jack Kornfield, München 2008
Foto: Pixabay