Achtsamkeit fördert Eigenschaften in dir, die sich ganz natürlich ergeben, wenn du dich in einem inneren Gleichgewicht befindest. Oder anders gesagt: Durch die Praxis der Achtsamkeit werden bestimmte Grundhaltungen in deinem Leben tiefer verankert. Zu diesen Grundhaltungen gehören:
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Akzeptanz
Akzeptanz ist eine Voraussetzung, um überhaupt achtsam sein zu können. Wenn es an Akzeptanz fehlt, werden die Gedanken immer etwas anderes oder mehr wollen als das, was gerade ist. Akzeptanz bedeutet, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. All das zu tolerieren, was ist. Den Augenblick vollkommen so anzunehmen, wie er sich gerade präsentiert. Ohne den Wunsch oder die Erwartung, etwas zu verändern – auch wenn das manchmal nicht leicht ist.
Dabei geht es bei der Akzeptanz aber nicht darum, Veränderungen, Fortschritte und Verbesserungen prinzipiell vermeiden zu wollen. Vielmehr ist gemeint, den Dingen in diesem Moment erst einmal ihren natürlichen Lauf zu lassen. Das verschafft dir die beste Grundlage, um dann zu entscheiden, wie du in Zukunft damit umgehen willst.
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Geduld
Geduld heißt zu akzeptieren, dass alles einen Zusammenhang hat und sich in der richtigen Geschwindigkeit entwickeln muss. Allzu oft wollen wir Vorgänge beschleunigen, sind ungeduldig und drücken aufs Tempo. Wenn es dir gelingt, dem Drang zu widerstehen, dass alles auf deine Art und in deiner Geschwindigkeit geschehen soll, musst du auch nicht mehr alles kontrollieren und kannst dich entspannen.
Hast und Eile helfen in der Regel nicht weiter. Und selbst wenn es mal etwas schneller gehen muss, kannst du auch dann mit innerer Ruhe und der Überzeugung ans Werk gehen, dass du dich bewusst zu dieser Eile entschlossen hast.
Ungeduld entspringt oft Furcht oder Zorn. Sie besitzt eine gewaltige Energie, die aus dem heftigen Wunsch nach Veränderung erwächst, für den wir oft andere Personen oder die Umstände verantwortlich machen.
Geduld hingegen ist der Mut, all das anzuerkennen, was du spürst und wahrnimmst, ohne automatisch zu reagieren. Geduld bedeutet, die Gegenwart zu akzeptieren, statt sie unmittelbar verändern zu wollen.
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Freundlichkeit
Freundlichkeit bezieht sich sowohl auf das, was du erlebst, als auch auf zwischenmenschliche Beziehungen und dein Selbstbild. Für viele Menschen ist es eine große Herausforderung und Umstellung, sich selbst und ihre selbstkritischen Gedanken mit Freundlichkeit zu betrachten, doch ist auch dies ein zentraler Punkt beim Praktizieren von Achtsamkeit.
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Nichtbewerten
Es bedarf keiner langen Achtsamkeitspraxis, um dir darüber klar zu werden, dass dein Bewusstsein ständig bewertet, be- und verurteilt, sowohl dich selbst als auch andere. Deine Gedanken werten und urteilen unablässig, und zwar meist unbewusst und automatisch. Wenn du Achtsamkeit praktizierst, wirst du dir dieser Neigung bewusst und erkennst, welchen Einfluss dies auf deine Persönlichkeit und deine zwischenmenschlichen Beziehungen hat.
Einer der schwierigsten Aspekte der Achtsamkeitspraxis kann darin bestehen, dich aller automatischen Reaktionen und Wertungen zu enthalten. Der erste Schritt besteht darin, dir deiner Neigung zu Wertung und Urteil bewusst zu werden. Erst im zweiten Schritt geht es darum, möglichst unvoreingenommen zu unterscheiden: ob etwas gut oder schlecht für dich ist.
Solange deine Neigung, zu werten und zu beurteilen, unbewusst und automatisch abläuft, hindert sie dich daran, die Möglichkeiten des Augenblicks voll auszuschöpfen.
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Loslassen
Deine Gedanken und Gefühle sowie ein Großteil deiner Handlungen speisen sich oft aus zwei Motiven: Entweder willst du etwas Bestimmtes erreichen oder du willst es verhindern. Häufig klammerst du dich an Dinge, Menschen, Begebenheiten und Gewohnheiten, weil sie dir eine gewisse Sicherheit geben. Das Prinzip des Loslassens ist eine Aufforderung, dich davon zu lösen und zu befreien.
Loslassen handelt davon, dich dem zu öffnen, was der Augenblick für dich bereithält und wie er sich entfaltet – mit Akzeptanz, Geduld und Freundlichkeit. Wenn du loslässt, musst du nicht kämpfen, wendest keinen Zwang an und leistest keinen Widerstand. Du gibst dich vielmehr dem Augenblick hin und lässt den Dingen ihren Lauf. Ohne dich davon beeinflussen zu lassen, was dich anzieht oder abstößt. Das bedeutet nicht, auf Veränderung, Entwicklung und Fortschritt zu verzichten. Der Ausgangspunkt sollte aber stets sein, den Augenblick so zu akzeptieren, wie er nun einmal ist, ohne ihn unmittelbar verändern zu wollen.
Manchmal ist es schwierig, den Gedankenstrom einfach loszulassen, ohne etwas an seine Stelle zu setzen. Daher richten wir bei der Achtsamkeitspraxis unsere Aufmerksamkeit immer wieder aufs Neue auf unsere Atmung.
Das Wunderbare ist: Wenn du deine Achtsamkeit regelmäßig trainierst, wirst du schon binnen kurzer Zeit Ergebnisse erzielen und positive und anhaltende Veränderungen an dir feststellen.
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Dieser Text stammt – leicht abgewandelt – aus dem Buch: „Seelenschutz für Hochsensible“ von Susanne Moeberg, München 2013
Foto: Pixabay