Hast du 1989 auch den Spielfilm „Der Club der toten Dichter“ gesehen? Diesen beeindruckenden Film von Peter Weir mit Robin Williams in der Hauptrolle? Darin geht es um die zunehmende Spannung zwischen einer konservativen Eliteschule und den nach Selbstverwirklichung strebenden Schülern. Einer der Lehrer, gespielt von Williams, schert aus dem strengen System aus. Sein Ziel ist es, die Jungen zu selbständig und ästhetisch denkenden Menschen anzuleiten. Daraufhin beginnen die Heranwachsenden zunehmend die schulischen Leitideen von Tradition, Ehre, Disziplin und Leistung zu hinterfragen. Als sie schließlich den blinden Gehorsam verweigern, kommt es zu heftigen Konflikten mit den Eltern und der Schulleitung. Gleichzeitig bringt der Lehrer den Schülern erfolgreich die Poesie als eine Möglichkeit des persönlichen Ausdrucks näher. In diesem Zusammenhang ermutigt er sie, jeden Tag gemäß des Mottos „Carpe diem“ zu nutzen.
Das Motto „Carpe diem“ taucht regelmäßig in meinem und vermutlich auch deinem Leben auf. Mal seltener, mal öfter. Neulich wurde mir allerdings bewusst, dass ich gar nicht wirklich weiß, was es bedeutet. So habe ich angefangen zu recherchieren (Quellen: Wikipedia, Wortwuchs).
Hier die Ergebnisse. Achtung: Es wird a bisserl linguistisch und philosophisch…
„Carpe diem“ ist Lateinisch und wird übersetzt mit „Pflücke den Tag“, „Genieße den Tag“ oder „Nutze den Tag“. Das Motto ist ein Sinnspruch aus einem Gedicht des römischen Dichters Horaz. Es fordert dazu auf, die knappe Lebenszeit heute zu genießen und nicht auf den nächsten Tag zu verschieben: „Noch während wir hier reden, ist uns bereits die missgünstige Zeit entflohen. Genieße den Tag, und vertraue möglichst wenig auf den folgenden!“
Die Fachliteraten diskutieren darüber, welche Übersetzung der wahren Absicht des Dichters entspricht. Sie weisen darauf hin, dass das Verb „carpe“ tatsächlich „pflücken“ im Sinne von „nutzen“ bedeutet und nur im übertragenen Sinne als „genießen“ im Sinne eines freudigen und lustvollen Lebens zu verstehen ist. Den Tag „nutzen“ bedeutet, ihn möglichst effektiv zu gestalten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ziele sind allerdings verbunden mit einem Denken an das Morgen. Dies wiederum relativiert ein Leben im Augenblick. Was dann wohl der Intention des Dichters widerspricht, für den das Genießen im Vordergrund gestanden haben soll.
Andere sagen: Die Zeile ist ein Appell, das eigene Leben im Augenblick zu leben und nicht an den morgigen Tag zu denken. Dabei sollen die schönen Aspekte des Lebens in den Vordergrund rücken. Der Hintergrund dieses Gedankens ist die Vergänglichkeit des Lebens. Da das eigene Leben nicht in Ihrer Macht liegt, ist es schlau, im Hier und Jetzt zu leben. Und sich nicht um das Morgen sorgen.
Noch andere betonen, dass „Carpe diem“ nicht im Sinne von Freude, Vergnügen, Lust, Genuss und sinnlicher Begierde gemeint ist. Vielmehr sei das Motto im Sinne des antiken griechischen Philosophen Epikur zu deuten. Epikur lehnte als Materialist Aberglauben und die Annahme einer göttliche Einmischung ab. Er beobachtete, dass die Menschen von Natur aus nach Lust streben und Schmerzen vermeiden. Seine Philosophie sollte dem Streben nach Lust dienen.
Soweit die Ergebnisse meiner – zugegebenermaßen ziemlich oberflächlichen – Recherche.
Alles klar? Nein? Macht nix, mir auch nicht.
Nutze einfach deinen Tag.
Tu, was du willst und was du tun musst.
Was sinnvoll ist.
Was Freude macht.
Was deinen Zielen dient.
Was gerade sein muss.
Was dir gut tut.
So eben!
In diesem Sinne: Carpe diem – mach´s gut!
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Bildquelle: Pixabay/MartyNZ