Suche dir einen ruhigen Platz zum Sitzen. Gehe in deine Mitte.
In dieser traditionellen Form der Praxis wirst du einen bestimmten Vorsatz mit Visualisierung und dem Gefühl des Mitgefühls verbinden.
Zunächst einmal atmest du ruhig und spürst deinen Körper, deinen Herzschlag, das Leben in dir. Fühle, wie sehr du dein Leben schätzt und wie du dich vor deinen Sorgen schützt.
Nach einigen Minuten lenkst du deine Gedanken auf jemanden, den du wirklich liebst. Stelle dir diesen Menschen vor. Spüre den natürlichen Impuls der Fürsorge in dir. Achte darauf, wie du diesen Menschen in deinem Leben hältst. Dann öffne deinen Geist für die Sorgen und das Leid, mit denen dieser Mensch konfrontiert ist. Spüre, wie sich dein Herz öffnet, wie du diesem Menschen alles Gute wünschst. Wie du dein eigenes Wohlbefinden ausdehnen möchtest, seine Sorgen und sein Leid teilen. Dies ist die natürliche Reaktion des menschlichen Herzens.
Rezitiere für dich folgende Gebete:
Mögest du voller Mitgefühl getragen werden.
Mögen deine Sorgen und dein Leid sich vermindern.
Mögest du in Frieden leben.
Rezitiere dieses Gebet, während du diesen Menschen in deinem Herzen behältst. Natürlich kannst du die einzelnen Sätze auch so verändern, dass sie deinen Herzenswünschen entsprechen.
Nach einigen Minuten wendest du dein Mitgefühl dir selbst und deinem eigenen Leiden zu. Wieder rezitierst du das Gebet, dieses Mal in abgewandelter Form:
Möge ich voller Mitgefühl getragen werden.
Mögen meine Sorgen und mein Leid sich vermindern.
Möge ich in Frieden leben.
Nach einer bestimmten Zeit der Übung kannst du dein Mitgefühl auch auf andere Menschen ausdehnen. Stelle dir die Menschen vor, die du liebst, einen nach dem anderen. Halte das Bild jedes Einzelnen in deinem Herzen fest, mache dir die Probleme dieser Person bewusst und verleihe deinen guten Wünschen mit obigem Gebet Ausdruck.
Dann öffnest du dich weiter, Schritt für Schritt, für das Leid deiner Freunde, deiner Nachbarn, deiner Gemeinde, schließlich für alle Menschen, die leiden, auch die schwierigen, die „Feinde“ und schließlich für alle lebenden Wesen. Spüre das liebevolle Band, das dein Herz mit dem Leben und seinen Geschöpfen verbindet.
Die Arbeit mit Mitgefühl sollte sich intuitiv gestalten. Das kann mitunter schwierig sein, da wir uns von all den Sorgen überwältigt fühlen. Doch vergiss nicht: Wir versuchen ja nicht, das Leid der Welt zu „lösen“, sondern nur, ihm mit mitfühlendem Herzen zu begegnen. Mache diese Übung immer wieder, aber bleibe dabei entspannt. Sei gut zu dir selbst. Atme. Lasse deinen Atem und dein Herz im natürlichen Zustand ruhen, als Zentrum des Mitgefühls inmitten der Welt.
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Die Übung stammt – leicht abgewandelt – aus dem Buch: „Das weise Herz“ von Jack Kornfield, München 2008
Foto: Pixabay