Meditation über die Trauer

Eine der in Hinsicht auf Gefühle heilsamsten Meditationen ist die Achtsamkeit in Bezug auf Trauer.

Da das moderne Leben uns gewöhnlich dazu zwingt, in solchen Situationen einfach weiterzumachen, haben wir verlernt, unseren Tränen den ihnen gebührenden Raum zu geben. Trauer ist die natürliche Reaktion unseres Herzens auf einen Verlust. Wenn wir trauern, erlauben wir uns selbst, die Wahrheit unseres Schmerzes zu spüren, die Tragödie, den Verrat in unserem Leben. Unsere Bereitschaft zu trauern lässt uns unseren Verlust allmählich erkennen, akzeptieren und einordnen. Daher ist der beste Weg zum Loslassen häufig eine gelebte Trauer.

Wenn du deine Trauer zum Gegenstand deiner Meditation machen möchtest, übe entweder allein oder mit einer Freundin, die dir tröstend beistehen kann. Nimm dir die Zeit, eine unterstützende Atmosphäre zu schaffen. Wenn du soweit bist, konzentriere dich zuerst darauf, deinen Atem zu spüren. Spüre, wie der Atem deine Brust hebt und senkt. Häufig ist dies ein gutes Mittel, um dessen gewahr zu werden, was in dir vorgeht. Lege eine Hand sanft auf dein Herz, so als hieltest du dort ein besonders verletzliches menschliches Wesen. Dich selbst.

Atme weiter und richte deinen Geist auf den Verlust und den Schmerz, der deiner Trauer zugrunde liegt. Lasse die Geschichte, die Bilder, die Gefühle ganz natürlich aufsteigen. Halte sie sanft und achtsam. Nimm dir Zeit. Lasse die Gefühle Schicht für Schicht aufsteigen, immer in kleinen Dosen.

Atme dabei sanft und mitfühlend weiter. Lasse alle Gefühle zu, die da sind: Schmerz, Wut, Liebe, Angst, Kummer und die damit verbundenen Tränen. Berühre sie sanft. Lasse sie sich aus deinem Körper und deinem Geist entfalten. Öffne dich für die aufsteigenden Bilder, für die ganze Geschichte. Atme und halte das ganze Panorama mit Zärtlichkeit und Mitgefühl. Praktiziere liebende Güte, für dich und alle Beteiligten.

Die Trauer, die du in dir trägst, ist ein Teil der Trauer der Welt. Halte diese sanft in Händen. Gib ihr den Raum, der ihr zusteht. Du musst sie nicht mehr länger unterdrücken. Du kannst sie mitten ins Herz des Mitgefühls schicken. Du kannst weinen.

Die Trauer, die wir in uns tragen, loszulassen ist ein langer und tränenreicher Prozess. Und doch setzt er die natürliche Intelligenz von Körper und Herz frei. Vertraue darauf, vertraue seiner natürlichen Entfaltung. Meditiere, halte deine Trauer in Worten oder Bildern fest. Schreie, singe sie hinaus. Tanze sie. Lasse zu, dass die unvergängliche Weisheit in dir dich durch die Trauer hindurch zu einem offenen Herzen trägt.

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Die Übung stammt – leicht abgewandelt – aus dem Buch: „Das weise Herz“ von Jack Kornfield, München 2008

Foto: Pixabay

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