Retreat mit mir selbst

Letzte Woche habe ich einen Retreat mit mir selbst ausprobiert und dabei auf Facebook eine Art Tagebuch geführt. Beides war neu für mich. Beides war eine positive Erfahrung für mich. Daher möchte ich meinen Retreat noch ein bisschen intensiver reflektieren. Und das gerne mit dir teilen. Eine Nachahmung empfehle ich wärmstens!

 

Das Experiment:

Ich habe eine Woche frei.

Plan A war, einen lieben Menschen zu besuchen, doch der muss arbeiten.
Plan B war, in mein Lieblings-Yoga-Haus nach Andalusien zu fahren, doch ich habe nicht genug Geld auf dem Konto und es ist ein bisschen kurzfristig.
Plan C ist nun also: einen Retreat mit mir selbst zu Hause ausprobieren.

Also habe ich mir die Woche komplett frei gehalten und genug zu essen eingekauft.

 

Der Plan:

Bei meinem Ablaufplan orientiere ich mich einerseits an dem Tagesplan verschiedener Yoga-Häuser, die ein offenes Wochenprogramm mit verschiedenen Aktivitäten anbieten. Zum anderen denke ich dabei an den Ablauf verschiedener Meditations-Retreats und -Workshops, an denen ich schon teilgenommen habe.

 

Mein Tagesplan sieht so aus:

07.00 – 08.00 Uhr

Wecken, Waschen, Tee, Meditation

08.00 – 10.00 Uhr

Yoga + Mantrasingen

10.00 – 11.00 Uhr

Frühstück

11.00 – 14.00 Uhr

Lesen, Karma-Yoga, Laufen

14.00 – 15.00 Uhr

Mittagspause

15.00 – 17.00 Uhr

Lesen, Karma-Yoga, Laufen

17.00 – 19.00 Uhr

Yoga + Meditation

19.00 – 20.00 Uhr

Pause

20.00 – 22.00 Uhr

Meditation + Yoga-Nidra/Entspannung

22.00 – 07.00 Uhr

Nachtruhe

 

Tag 1:

Um 7 Uhr habe ich den müden Körper mit kaltem Wasser benetzt und in Ruhe einen Tee getrunken. Anschließend habe ich auf der Dachterrasse die Yogamatte ausgerollt, ausgiebig die Sonne gegrüßt, weitere Asanas geübt und zum Abschluss zwei Mantras mit Krishna Das getönt. Die Luft ist kühl und es weht ein frischer Nordwind, aber die Sonne scheint und wärmt meine Haut.


Nach dem Frühstück folgt erbauende Lektüre: „Das weise Herz“ von Jack Kornfield.

 

Ich schreibe an einigen Blogs, setzt nach der Mittagspause meine Lektüre fort und gehe raus laufen. Danach schenkt mir eine liebe Nachbarin ein Stück Torte. Am Nachmittag poste ich auf Facebook: „Tag 1 läuft! Natürlich abgesehen davon, dass die Nachbarn mich mit Erdbeertorte plus Sahne füttern.“

 

Es folgt eine zweite – anspruchsvollere – Yoga-Session, bei der ich aber a bisserl abkacke, offen gesagt… Das heutige Karma-Yoga besteht darin, dem Freund bei der Vorbereitung einer Beurteilung mit Rat und Tat zu unterstützen und einen Text zu korrigieren. Nach der Abend-Meditation geht es nach einem schönen ersten Tag auch schon Richtung Nachtruhe. 1000 tolle Ideen für meine Achtsamkeits- und Meditations-Workshops habe ich schon jetzt!

Fazit am Ende von Tag 1: GUTE SACHE DAS!

 

Tag 2

Während am ersten Tag Yoga und eine toughe Tagesstruktur im Vordergrund standen, sind es heute eher Meditation und ein lascherer Ablauf.

Morgen kommt dann die Mitte!

Ich habe schon Ideen für ein nächstes Mal:
Vielleicht ist es besser, sich komplett zurückziehen und es gemeinsam mit Gleichgesinnten zu machen, gerne auch zur selben Zeit an verschiedenen Orten – so mache ich das auch mit verschiedenen Meditations-Freunden.
Gut vorstellen kann ich mir auch mal ein Ein-Tages-Retreat, zum Beispiel am Wochenende.

 

Tag 3

Nun, wie heißt es?
Leben ist das, was passiert, wenn wir ganz andere Pläne gemacht haben.

Der Plan für heute war DIE MITTE.

Und was ist?
Die Hormone spielen verrückt und ich gleich mit.

Also:
Meditation mit Koerperempfindungen.
Meditation mit Gedanken.
Meditation mit Gefühlen.

Und es gibt jede Menge zu beobachten:

Kopfschmerzen.
Bauchschmerzen.
Rückenschmerzen.
Mir ist kotzübel.

Widerstand.
Frustration.
Genervtheit.
Leiden.

Ich weiß nicht, ob das jetzt meine Mitte ist.
Aber so isses jetzt und hier.
Ich hätte es gerne anders.
Aber so isses jetzt und hier.
Widerstand ist zwecklos.
So isses.
Jetzt.
Hier.

Also mache ich jetzt „Hormonyoga“ mit folgenden Asanas:
– der auf dem Rücken liegende Hund
– der besiegte Krieger
– die Katze mit Wärmflasche
– die unhappy-baby-pose
– die Totenstellung mit Tee
oder so ähnlich…

Wie sage ich immer in meinen Meditations-Workshops:
„Ich bin weder Guru noch erleuchtet, sondern eine von euch.“

Sach ich doch. Seufz…

 

Tag 4

Ich bin regelrecht verkatert von dem Hormoncocktail gestern, aber es läuft wieder und das tut gut!

Beim Morgen-Yoga kommt am Ende die Sonne durch und wärmt mir die Haut. Der Regen gestern hat allerdings sehr gut zur allgemeinen Verfassung gepasst, wie im Film! Das Mantra-Singen mit Nina Hagen macht Spaß und bringt mich richtig in Wallung.

Bei der Lektüre von Jack Kornfields „Das weise Herz“ nach meinem Obst-Joghurt-Frühstück bekomme ich immer mehr Lust auf ein Retreat mit ihm. Und finde die buddhistische Psychologie echt interessant. Da schreibe ich mal ein paar Blogs drüber.

Nach der Mittagspause fern-meditiere ich mit meiner Freundin und übe mich darin, schwierige Gefühle wie Angst, Traurigkeit und Unsicherheit in Achtsamkeit zu halten. Das ist wirklich nicht einfach, aber es geht. Hinter all der vordergründigen Unruhe und all den momentanen Sorgen spüre ich eine zarte Ruhe tief in mir drin und das tut gut.

Beim Laufen um den Teich fliegt mir ein Rotkehlchen direkt vor die Füße und scheint mir mitten in die Augen zu sehen. Ein elektrisierendes Gefühl im Herz. Nicht das erste Mal. Und sicher nicht das letzte. Das ist wie eine Achtsamkeits-Glocke: „Hallo!? Bist du eigentlich hier? In diesem Moment auf diesem Weg? Oder bist du mit deinen Gedanken noch in der Vergangenheit oder schon in der Zukunft unterwegs?“

Wieder zurück schreibe ich einen Edelstein-Blog, reflektiere in einem Gespräch meine Erfahrungen, bis die Tränen fließen und mache eine zweite, anspruchsvollere Yoga-Session. Die läuft leichter und geschmeidiger als am Sonntag und macht richtig Spaß.

Nach der Abend-Meditation geht es dann in die Nachtruhe.

 

Tag 5

Am Morgen schreibe ich beim Tee aus meiner wunderschönen neuen Tasse einen Edelstein-Blog. Dann übe ich forderndes Yoga und es läuft! Und mir ist auch gleich gar nicht mehr kalt… Im Anschluss schwelge ich in meinem neuen Lieblings-Mantra von Nina Hagen: HARA HARA AMARNATHA GANGE.

Das Frühstück ist nach dem dichten Morgenprogramm ganz besonders lecker.

Danach schreibe ich weiter Blogs, bin voll im Flow und mal wieder völlig fasziniert von der Entstehung der Edelsteine und vom Vulkanismus. (Auf meiner Wunschliste steht noch immer ein Praktikum im Steine-Haus in Berlin…).

Ich treffe eine liebe Freundin zum Lunch und dabei wird mir klar, dass es mir diese Tage öfter so geht wie dem Buddha unter dem Bodhibaum, als er seinen inneren Dämonen begegnete. Nur dass ich nicht glaube, dass dies jetzt die Nacht vor meiner Erleuchtung sein wird, echt nicht!

Danach laufe ich eine Runde durch den Regen – vermutlich werde ich mich nie an Norddeutschland gewöhnen, obwohl ich bei Wind und Wetter laufen gehe. Wieder im Warmen und Trockenen vertiefe ich mich erneut in Jack Kornfields weises Herz und lasse mich sehr davon berühren.

Beim Abend-Yoga entscheide ich mich für „Hatha Yoga als Ganzkörperverehrung Gottes“ und finde das besonders unterstützend beim Sonnengruß. Und bei der Stellung des Halbmondes empfange ich die „göttliche Umarmung“ und mein Herz hüpft tatsächlich vor Freude und das hört gar nicht mehr auf!

Bevor ich mich in die Abend-Meditation vor der Nachtruhe begebe, komme ich zu folgendem Resümee:

Am Ende von Tag 5 bin ich voller Freude und Dankbarkeit, dass ich diese fünf Tage dran geblieben bin, trotz aller Widrigkeiten. Und ich habe ganz viel Lust auf mehr – am liebsten würde ich sofort ein 4 – 8 – Wochen – Retreat bei Jack Kornfield dranhängen, doch das geht gerade nicht.

Was aber geht:
Morgen noch einen halben Tag dranhängen (der Nachmittag ist nicht frei) und Samstag Morgen, bevor ich Besuch von meinem Liebsten bekomme.

Und ich bin dankbar für die aktive und passive Begleitung meiner Freunde und Facebook-Freunde und würde gerne alle die coachen, die auch einmal so etwas ausprobieren möchten – da reicht auch schon EIN Tag!

 

Tag 6

Der Morgen begann sanft mit einer achtsamen Yoga-Einheit inklusive Wechselatmung und einer wunderbaren Meditation zur Zielfindung, die ich sehr hilfreich für meine nächsten Schritte finde. Natürlich dürfen auch eine Runde Jack Kornfield – Lektüre und weiterhin Blog tippen nicht fehlen.

Von Mittag bis Abend bin ich auf der anderen Seite der Elbe unterwegs und laufe dann den Übergang in den Retreat-Abend mit einer 45-Minuten-Runde ein. An einer Stelle des Weges wurde mir bewusst, was für wunderschöne Bäume am Wegesrand stehen. Leider liegt dort auch ein totes Eichhörnchen, das ich gerne achtsam beerdigen würde – so ein hübsches kleines Ding mit Blut am Mäulchen…

Wieder zurück bin ich dann sehr müde und läute nach einer Selbstmitgefühlsmeditation von Kristin Neff die Nachtruhe ein.

Dies tue ich aber nicht, ohne ein Resümee des sechsten – angehängten – Tages, der ja eigentlich nur ein halber Retreat-Tag war, zu ziehen:

Gute Sache das, weil es einen guten Übergang zwischen Retreat und Alltag ermöglicht und eine Integration der besonderen Woche. Daher freue ich mich auch auf den Morgen-Abschluss ab 7 Uhr!

 

Tag 7

Der Abschluss-Morgen.

Es endet so wunderschön wie es begonnen hat:
Morgen-Yoga in der frühen Sonne auf der Dachterrasse. Wärmende Strahlen auf der Haut, Sauerstoff mit Sommer- und Bauernhof-Aroma in der Nase und Lunge, Wohlfühl-Körpertemperatur. Wat is dat schön, ne!?


Yoga ist für mich bewegte Meditation, Körper-Meditation sozusagen. Es folgt noch einmal das weise Herz von Jack Kornfield. Und dann noch einmal Mantras mit Nina Hagen – immer wieder gerne zum Beispiel KALI DURGE.

 

Der Liebste sitzt längst im Zug nach Hamburg und ich bin voller Vorfreude! Daher schließe ich nun und mache es rund:

Ich mache das wieder!
Und ich empfehle es weiter!
Gerne bin ich begleitend als Coach dabei!

Meine Retreat-Woche war eine Woche so wie das Leben:
Sonne und Regen,
Licht und Dunkelheit,
Wärme und Kälte,
Freude und Traurigkeit,
Dankbarkeit und Widerstand,
Wohlfühlen und Unwohlsein,
Gesundheit und Krankheit,
Leben und Tod,
Familie und Herzensfamilie,
Zuhause und Fernweh,
Hoffnung und Enttäuschung,
Träume und Desillusionierung,
Kopf und Herz,
Körper, Geist und Seele,
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft,
tausend Facetten,
mindestens.

Und es geht weiter.
Immer weiter.

In der Woche bin ich einen Schritt zurück getreten und habe mich und das Leben ein Stück weit neu kennen gelernt.

Ich habe schöne Gefühle genossen und unangenehme in Achtsamkeit gehalten.

Ich habe mehr Klarheit über meine nächsten Schritte bekommen.


Ich weiß, es ist (noch) nicht alles gut, aber ich bin dran und ich gehe meinen Weg, Schritt für Schritt.

 

Namasté.

Ich grüße das Lichtvolle in dir.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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